Koalitionsverhandlungen abgeschlossen
Die vier Parteien UDMR, PNL, USR und PLUS haben am Montag, 21.12.20, ihre Koalitions-verhandlungen abgeschlossen. Sie gehen mit dem Vorschlag, den Finanzminister Florin Cîțu (PNL) als neuen Premierminister zu installieren, in die Gespräche mit Staatspräsident Klaus Johannis, der den Vorschlag bestätigen muss. Der zurückgetretene Regierungschef Ludovic Orban (PNL) soll Abgeordnetenkammerpräsident werden, Senatspräsidentin die USR-PLUS-Politikerin Anca-Danu Dragu. Die Vorsitzenden der Koalitionsparteien, Kelemen Hunor (UDMR), Orban, Dan Barna (USR) und Dacian Cioloș (PLUS) erwarten eine sichere Mehrheit für ihre Regierung im Parlament, in dem die PSD die stärkste Partei (110 Abgeordnete) und zudem die neue Partei AUR mit 41 Sitzen vertreten ist. Die Koalition kommt auf 169 Stimmen, sie kann allerdings auch auf die Mehrheit der 18 Stimmen der Minderheiten rechnen, die traditionell mit der jeweiligen Regierung stimmen.
Wie weiter in Rumänien?
Sondierungen in der politischen Gerüchteküche
Dieses Ergebnis haben die wenigsten vorhergesehen. Durch die sehr geringe Wahlbeteili-gung von nur 32% – die schwächste bei Parlamentswahlen seit der Revolution 1989 – erreichen die ca. 2 Mio StammwählerInnen des PSD (Partidul Social Democrat) nun fast 30% der Stimmen und dieser wird damit die stärkste Partei im Parlament. Der regierende Partidul Național Liberal (PNL) erreicht nur 24%, die in den Lokal- und Kommunalwahlen Ende September noch erfolgreiche USR-PLUS kommt über 14% kaum hinaus. Ex-Premierminister Victor Pontas PSD-Abspaltung ProRomânia schafft die 5%-Hürde nicht, möglicherweise auch der PMP nicht. So bleiben mit der UDMR (6% durch ihre ungarischsprechende Stammwählerschaft) möglicherweise nur 4 Altparteien in den beiden Häusern des Parlaments - und eine Überraschungsformation, die niemand vorher im Blick hatte: AUR (Gold; Alianța pentru Unitatea Românilor) erreicht fast 9% und ist damit aus dem Nichts durch nationalistische Töne und den zentralen Fokus auf eine Vereinigung mit der Republik Moldova viertstärkste Partei geworden.
Diese Konstellation ist nicht angenehm für Präsident Klaus Johannis und den ihm nahe-stehenden PNL: Nach dem Rücktritt des PNL-Chefs Ludovic Orban als Premierminister käme ein neuer PNL-Premier mit USR-PLUS nur auf 38% der Stimmen und Sitze und bliebe in der Minderheit gegenüber PSD, UDMR und AUR. Wie so oft würde die UDMR das Zünglein an der Waage spielen müssen und die Regierung fallweise tolerieren oder sogar als weiterer Koalitionär in die Regierung eintreten, was eine Mehrheit von 41% gegenüber 38% von PSD und AUR ermöglichen würde – keine Aussicht auf wirklich stabile Mehrheitsverhältnisse in den nächsten 4 Jahren. Sollte der PMP doch noch die 5%-Hürde schaffen und sich an der Koalition beiteiligen, läge die Mehrheit der Koalition immer noch unter 50%.
Der PSD unter ihrem Chef Marcel Ciolacu wird wieder einmal die Konfrontation mit dem Staatspräsidenten suchen und als stärkste Kraft im Parlament die Regierungsbildung reklamieren, ohne entsprechende Koalitionspartner nennen zu können. Es sei denn die UDMR und AUR würden ihr zu einer Mehrheit von 45% verhelfen. AUR lehnte aber unmittelbar nach der Wahl jede Regierungsbeteiligung ab, die UDMR ließ bisher eher eine Präferenz für den PNL erkennen. Ciolacu bezeichnete die Bevorzugung der rechten Parteien, solange nicht auch der stärksten Kraft eine Regierungsbildung ermöglicht werde, "ohne jede Legitimation".
Einige Merkmale der überraschend ins Parlament gewählten Partei AUR, die erst im September 2019 gegründet wurde, lassen sich über die Aktivitäten des Gründers George Simion feststellen. In Moldova ist er seit Jahren eine bekannte Figur, da der Historiker und Journalist zahlreiche öffentlichkeitswirksame Aktionen für die Vereinigung Moldovas mit Rumänien organisiert und angeführt hat. So ging auf ihn ein jährlich wiederholter "Marsch der Unabhängigkeit" zurück, der im Jubeljahr des Centenar 2018 vom rumänischen Alba Iulia (Karlsburg) nach Chișinău führte.
Bereits 2011 hatte Simion eine Bürgerplattform ACȚIUNEA 2012 gegründet, um das Thema der Vereinigung zu fördern. Antirussisch und gegen die politische und soziale Spaltung der Moldau orientiert betrachten die Unionisten die einzige Lösung in der Vereinigung mit Rumänien. Gegenüber dem 2015 geäußerten Standpunkt von Präsident Johannis, nur ein stabiles Rumänien und Moldova könnten sich vereinigen, beanspruchte Simion, dass "die Republik Moldau Stabibilität, Wohlstand und die Integration in die EU nur durch die Vereinigung mit Rumänien erhalten" könne (Ziarul de Garda 21..2.2016). In den ritualisierten Kooperationshandlungen rumänischer und moldauischer Institutionen waren diverse unionistische Gruppen beteiligt, 2018 im Jahr der Feier des 100. Jahrestages der Großen Vereinigung traf Simion mit dem (damals noch) Oppositionsführer Ludovic Orban zusammen, der auch dem Anlass entsprechend versprach, dass Rumänien die Vereinigung wolle und für sie bereit sei. Immerhin fühlten sich die damaligen Machthaber in Chișinău von Simions unionistischen Aktivitäten so gereizt, dass er wiederholt Einreiseverbot erhielt und damit auch in der Öffentlichkeit als die diplomatischen Beziehungen tangierender "Fall" im Gespräch blieb.
Dennoch kommt der jetzige Einzug der symbolisch am rumänischen Nationalfeiertag 1.Dezember 2019 in Alba Iulia sich erstmals präsentierenden Partei AUR ins rumänische Parlament sehr überraschend. Er war nur möglich durch eine von den anderen Parteien kaum ernst genommene intensive Präsenz in den sozialen Medien und in der Diaspora. Die Simion unterstützende Zeitung Timpul in Chișinău vermeldete, dass der AUR-Anführer einen vier Mal höheren Traffic auf seinem Facebook-Konto hätte als Präsident Johannis oder Victor Ponta. Desweiteren hat Simion auch die Diaspora bearbeitet und AUR-Gruppen im Ausland gegründet. Mit dem erstaunlichen Erfolg, dass seine Partei bei den AuslandsrumänInnen die meisten Stimmen in Italien und das zweitbeste Resultat in Spanien erreichte.
Simion qualifiziert die ökonomische Diaspora ähnlich jenen rumänischen Minderheiten in Serbien, Ungarn oder Ukraine und den BewohnerInnen der Republik Moldau als politisch nicht in Rumänien repräsentiert. Weiterhin bezeichnet sich AUR als Vertreterin der angeblich "unterdrückten" Rumänen in den mehrheitlich von Szeklern bewohnten Kreisen. Simion appelliert an das patriotische Nationalgefühl all dieser vorgeblich Marginalisierten und erinnert an ein "Rumänentum" vergangener Zeiten, das sich abhebe von dem "antinationalen Mafia-Staat", der in der Politik in Bukarest agiere. AUR betont die Familie, wie es die gegen die gleichgeschlechtliche Ehe gerichtete Initiative Coaliția pentru Familia formulierte und will "Attacken des aggressiven Säkularismus gegen die Kirche" (Ziarul de Garda, 2.12.2019) nicht länger dulden.
All diese Themen sind in der Führung der AUR personell verankert: Der frühere Fußballultra Simion steht für die Vereinigung, Dan Tănasă war mit Simion und einigen Rechtsradikalen bei den Angriffen 2019 auf eine UDMR-Veranstaltung in Harghita beteiligt, Claudiu Târziu war Gründer der ProVita und Coaliția pentru Familia. Hinzu kommen jetzt als Abgeordnete etwa die Corona-Leugnerin Diana Șoșoacă, der Schriftsteller Sorin Lavric, der Schauspieler Mircea Diaconu (der vor einem Jahr als Präsidentschaftskandidat der ALDE/ProRomânia auftrat) und mehrere Generäle.
Auch der langjährige Leiter des Liceu "Gheorghe Asachi" in Chișinău, Boris Volosatîi, kandidierte für AUR und nach dem Einzug ins rumänische Parlament wird der Bürger der Republik Moldova die Politik des EU-Staates Rumänien mitbestimmen. In der Iașier Tageszeitung Ziarul de Iași bezeichnete ein Kommentator die politische Landschaft Rumäniens nach dem 6. Dezember 2020 als "complicat și confuz".
Unerwartete Ergebnisse in Rumänien
Die Parlamentswahlen in Rumänien haben einige Überraschungen bereit gehalten. Wie nach Exit-Polls und ersten Stimmzählungen verlautet, dürfte der PSD (Partidul Social-Democrat) stärkste Partei geworden sein. Sie liegt demnach bei Zählung von 80% aller Stimmen bei ca. 30%. Der PNL (Partidul Național-Liberal) käme auf etwa 24% und die junge Parteienverbindung USR-PLUS auf 14%. Offen ist noch, ob Victor Pontas Absplitterung Pro România von dem PSD die 5%-Hürde überspringt. Ebenso gilt dies für den PMP (Partidul Mișcarea Populare). Die Partei der ungarischen Minderheit UDMR blieb stabil bei 6-7%. Noch nicht in das Ergebnis eingeflossen sind die Stimmen der Diaspora.
Überraschend ist der Einzug einer neuen Gruppierung AUR (Alianța pentru Unirea Românilor), die aus dem Stand möglicherweise 9% der Stimmen erhalten wird. Sie fordert die Vereinigung mit der Republik Moldova und sieht sich als Vertreterin aller RumänInnen in den angrenzenden Ländern (Bukowina, Serbien, Moldova). Ihr Gründer George Simion aus Focșani hat wegen seiner radikalen unionistischen Aktivitäten unter den Präsidenten Voronin als auch Dodon ein längeres Einreiseverbot in die Republik Moldova erhalten. Zur Partei gehört auch der Initiator des fehlgeschlagenen Referendums România pentru Familie, das gegen die gleichgeschlechtliche Ehe gerichtet war. Simion war bei den Europawahlen 2019 mit einer Formation România Mare în Europa angetreten. In einem Online-Beitrag nannte er die Präsidenten Johannis und Dodon als "dem Land Fremde".
Die Veränderung der politischen Landschaft dürfte in erster Linie auch mit der sehr geringen Wahlbeteiligung in der Pandemie zusammenhängen, die bei nur 32% der Wahlberechtigten lag.
... und alle Fragen offen?
Rumänien vor der Wahl
Foto:http://www.cdep.ro/relatii_publice
Am Sonntag, 6.12.2020, haben etwas über 18 Mio. Rumän*innen die Möglichkeit, an den Parlamentswahlen teilzunehmen. Es sind die ersten, seit im Oktober 2019 die jetzige Regierung von Ludovic Orban (PNL) nach einem Misstrauensantrag im Parlament die PSD-Koalition mit der ALDE ablöste. Die letzten Wahlen zum Parlament fanden regulär 2016 statt.
Seit den Wahlen 2016, die der PSD mit ihrem damaligen Vorsitzenden Liviu Dragnea deutlich gewann, hat sich einiges in der politischen Landschaft Rumäniens getan. Dragnea wurde zu Gefängnishaft verurteilt, die häufig wechselnden Regierungen des PSD mit 3 Ministerpräsidenten in 6 Monaten und unzähligen Ministerrochaden standen unter harscher Kritik wegen Korruption und Gesetzesvorhaben zur Behinderung der Justiz bei Korruptions-untersuchungen. Die letzte PSD-Ministerpräsidentin Viorica Dăncilă verlor ihr Amt, als nach den deutliche verlorenen EU-Wahlen der PNL mit Ludovic Orban im Oktober 2019 ein erfolgreiches Misstrauensvotum im Parlament einbrachte. Seitdem regiert der PNL, hat allerdings selbst wiederum ein Misstrauensvotum im Janu-ar verloren, worauf Präsident Johannis erneut Orban mit der Bildung einer Minderheitsregierung beauftragte.
Unter den Bedingungen der Pandemie hat der Wahlkampf der Parteien nicht die übliche Mischung aus Aufregung und Skandalisierung erfahren. Dennoch könnte das Ergebnis Überraschungen bereithalten. Einige Analysten prognostizieren, dass 60% der PSD-Abgeordneten nicht mehr ins Parlament gelangen oder dass das Hauptziel des PSD die Verhinderung der PSD-Abspaltung ProRomânia von Ex-Premier Victor Ponta im Parlament sei. Immerhin hatte die Partei das probate Mittel der deftigen Rentenerhöhung noch zu Regierungszeiten für ihre Wahlklientel in den Ring geworfen. Offen ist nach den sehr erfolgreichen Lokal- und Kommunalwahlen für die junge Parteienverbindung USR-PLUS, ob sie den PNL überholen kann oder ob sie eine Koalition mit dieser eingehen wird. Für Wellen sorgte daher die Aussage des neugewählten USR-Bürgermeisters von Bukarest, Nicușor Dan, dass der PNL am Sonntag eine gute Wahl sei, da sie den PSD zu bekämpfen wisse. Allerdings nennen jüngste Umfragen USR-PLUS erst auf dem dritten Platz hinter PNL und PSD. Dann könnte auch eine neue Regierung von der UDMR abhängen, der Partei der ungarischen Minderheit. Präsident Johannis rief zur Wahlteilnahme auf, damit es kein böses Erwachen wie 2016 gebe.
In der Diaspora öffnen die Wahllokale für die 700000 im Ausland wahlberechtigten Rumän*innen bereits am Samstag, 5. 12.20. Es wurden fast doppelt so viele Wahllokale wie 2016 bereit gestellt, in Deutschland 61 gegenüber 15 vor vier Jahren, in Italien 137 gegenüber 73, in Spanien 140 gegenüber 53.
Sensation in Moldau
Maia Sandu gewinnt Präsidentenwahl
Foto: privesc.eu
Mit der Politikerin Maia Sandu hat die Republik Moldau am 15.11. 2020 zum ersten Mal eine Frau zur Staatspräsidentin gewählt. Nach den vorliegenden offiziellen Resultaten von mehr als 98 % der Wahlkreise hat sie mit über 55 % der Stimmen vor ihrem Konkurrenten vom PSdM (Partidul Socialiștilor din Moldova), dem bisherigen Amtsinhaber Igor Dodon (44 %), klar gewonnen.Die Wahlbeteiligung lag bei 52,75 % der ca. 1,65 Mio. Stimmen.
Sandu erreichte mehr als 80 % der 260 000 Stimmen aus der Diaspora. Aus dem Gebiet Transnistrien wählten 31800 Stimmberechtigte, davon 85,6 % Dodon; in der autonomen Region Gagausien votierten 94,6 % für den amtierenden Staatspräsidenten.
In einer ersten Stellungnahme vor dem Sitz ihrer Partei PAS (Partidul Acțiune și Solidaritate) benannte die neue pro-europäische Präsidentin als wichtige Ziele ihrer Amtszeit, die Gesellschaft zu einen durch gemeinsame Aufgaben, und einen Staat zu realisieren, "der uns beschützt, der für die Menschen arbeitet und nicht für die Diebe. Wir brauchen auch eine entwickelte Wirtschaft, die Gelegenheit zur Arbeit im Land bietet, und die Menschen nicht zwingt, ihre Familien zu verlassen".
Überraschungsergebnis in Moldau
Maia Sandu schlägt Igor Dodon im ersten Wahlgang
Gegen den amtierenden Präsidenten der Republik Moldau, Igor Dodon hat die Oppositionspolitikerin Maia Sandu einen Überraschungssieg errungen: Nach vorläufiger Zählung der Stimmen erreichte Sandu einen Anteil von 36,16 %, während Dodon nur 32,61 % von insgesamt 1 348 719 abgegebenen Stimmen (42,76 % Wahlbeteiligung) auf sich vereinigen konnte. Sandu profitierte u.a. von der hohen Wahlbeteiligung der Diaspora, wo sie 70 % der 1500 00 Stimmen erhielt, während Dodon dort nur 3,65 % erreichte.
Im Gesamtergebnis kam Renato Usatîi auf den 3. Platz mit 16,9 % vor Violeta Ivanov (6,49 %), Andrei Năstase (3,26 %), Octavian Țîcu (2,01 %), Tudor Deliu (1,37 %) und Dorin Chirtoacă(1,2 %).
Es kommt nun am 15.11.'20 zur Stichwahl zwischen den beiden Siegern Sandu und Dodon. Während Usatîi eine wichtige Rolle mit seiner Wahlempfehlung spielen kann, haben Năstase, Țîcu, Chirtoacă und der PLDM bereits ihre Unterstützung für Sandu angekündigt.
Zwischen Ost und West?
Moldova vor der Präsidenten-Wahl
Abb. https://ro.wikipedia.org/wiki/Republica_Moldova
Am 1. November 2020 wählen die BürgerInnen der Republik Moldau eine/n neue/n PräsidentIn des Staates. Zur Wahl stehen 8 KandidatInnen, unter ihnen der jetzige Amtsinhaber Igor Dodon von der Partei der Sozialisten (PSdM), der offiziell als "Unabhängiger" auftritt. Die weiteren KonkurrentInnen sind Maia Sandu (PAS, Partidul Acțiune și Solidaritate), Renato Usatîi (Partidul Nostru), Violeta Ivanov (Partidul ȘOR), Octavian Țîcu (PUN, Partidul Unității Națională), Andrei Năstase (Platforma Demnitate și Adevăr), Dorin Chirtoacă (MPU, Mișcarea Politică UNIREA), Tudor Deliu (PLDM, Partidul Liberal-Democrat Moldova).
Ein Blick auf die politischen Aktivitäten und Hintergründe der KandidatInnen lässt ein Bild der politischen Landschaft der Republik Moldova und ihren spezifischen Probleme erkennen.
Die liberale Partei des Tudor Deliu stellt keine der "traditionellen" Konstanten in der parlamentarischen Geschichte des 1991 unabhängig gewordenen Staates dar, sondern wurde erst 2007 gegen den damaligen kommunistischen Staatspräsidenten Vladimir Voronin gegründet und stellte bereits nach 3 Jahren mit Vlad Filat den Ministerpräsidenten und später auch unter Iurie Leancă die proeuropäische Regierung. Für die Partei war als Erziehungsministerin 2014 auch Maia Sandu aktiv. Mit dem Misstrauensantrag der kommunistischen und anderer Oppositionsparteien und der Verhaftung und Verurteilung Vlad Filats im Zusammenhang mit dem die jüngere Geschichte der Republik Moldaus prägenden Diebstahl von mehreren Milliarden Dollar aus der Nationalbank ging der politische Einfluss der PLDM stark zurück. Der Kandidat Deliu wurde 2011 Vize-Fraktionschef im Parlament und 2018 Chef der Partei.
Die Mișcarea Politică UNIREA, für die Dorin Chirtoacă antritt, sieht sich als Block, der die Vereinigung mit Rumänien noch vor dem Beitritt zur EU als Priorität propagiert. Ihr Kandidat entstammt der politisch aktiven Familie der Ghimpu (sein Onkel war Interimsstaatspräsident), war jüngster Bürgermeister der Hauptstadt Chișinău (2007-2018) und ist Vorsitzender der Liberalen Partei (PL). 2015 hieß sein Gegenkandidat in Chișinău Igor Dodon (damals noch der Kommunistischen Partei angehörend). Chirtoacă ist mit der Familie des früheren rumänischen Präsidenten Băsescu als Taufpate von dessen Enkelin verbunden.
Ebenfalls Bürgermeister der Hauptstadt war Andrei Năstase. Wenn auch nur sich selbst vertretend, da seine Wahl wegen angeblicher Verstöße gegen die Wahlordnung annuliert wurde, was über die Moldau hinaus Proteste hervorrief. Năstase ist Gründer und Vorsitzender der "Plattform Würde und Wahrheit" (PDA), die in den Bürgerprotesten 2014/15 wegen der oben erwähnten Beraubung der Staatsbank die frühere Partei PFP umwandelte; er ließ 2016 bei der Kandidatur zu den Präsidentenwahlen Maia Sandu den Vortritt, amtierte aber 2019 in ihrem Kabinett als Vizepremier und Innenminister.
Mitglied der Parlamentsfraktion der PDA war auch Octavian Țîcu, der allerdings 2019 diese verließ und fraktionslos blieb. Bei der Präsidentenwahl tritt er nun für den PUN an. Țîcu sieht sich weniger als Politiker denn als Bürger, der sich um die Politik sorgt. Obwohl er bereits 2013 für wenige Wochen als Erziehungsminister in der zweiten Regierung Filat amtierte und in seinem Heimatraion Ungheni im Kreisrat saß. Ungewöhnlich ist seine frühere Profiboxerkarriere und seine Tätigkeit als Historiker an der Universität sowie politischer Kommentator. Auch Țîcu sieht die Perspektive der Republik Moldau in einer Union mit Rumänien, weshalb die "Unionisten" um UNIREA seine Kandidatur kritisch als Zersplitterung der Kräfte sehen.
Violeta Ivanov ist Vizeparlamentspräsidentin. Sie gehörte früher unter Präsident Voronin der kommunistischen Fraktion (PCRM) als Ministerin an, wechselte dann in den Partidul Democrat (PDM) (wie Vladimir Voronin jetzt behauptet, nach Zahlung von einigen Millionen Euro durch den am Bankraub beteiligten und in die USA geflüchteten Oligarchen Vladimir Plahotniuc [PDM]) und danach in die Partei des früheren Bürgermeisters von Orhei, Ilan Șor, der wegen des erwähnten Raubs der Nationalbank verurteilt wurde und sich ebenfalls seit 2019 im Ausland (meist Israel) aufhält.
Renato Usătîi ist Bürgermeister der Stadt Bâlți. Der durch Geschäfte im russischen Nishni-Novgorod zum Millionär gewordene Geschäftsmann übernahm 2014 eine Partei, die er in "Unsere Partei" umbenannte. Sein bisheriges politisches und geschäftliches Auftreten hat zu zahlreichen Anzeigen gegen ihn geführt, er wurde mehrfach der Anstiftung zu Mord angeklagt, aber von Interpol mit der Begründung, die Anklagen seien "politisch" motiviert, von der Fahndungsliste genommen.
Im Westen etwas bekannter wurde Maia Sandu, als sie 2019 durch eine überraschende Koalition ihrer ACUM-Plattform (PAS und PDA) mit den Sozialisten Igor Dodons für fünfeinhalb Monate zur Premierministerin aufstieg und auch in Brüssel, Wien, Bukarest, Berlin Verhandlungen führte. Sie begann ihre Karriere im PLDM Vlad Filats, gründete während der Bürgerproteste 2014/15 die Plattform, die öfter mit Andrei Năstase zusammen arbeitete. 2016 verlor sie knapp die Präsidentenwahl gegen Dodon.
Igor Dodon war 2015 als kommunistischer Parteigänger Kandidat für das Bürgermeisteramt von Chișinău und amtierte zuvor zweimal als Wirtschaftsminister. Nach Absplitterung des Partidul Socialiștilor din Moldova (PSdM) von der PCRM gewann er als Chef der Partei 2016 die erstmalige Direktwahl des Staatspräsidenten gegen Maia Sandu. Sein Kurs war bisher pro-russisch, wenn auch unter Einschluss von Kontakten zur EU.
Hat das Amt des Staatspräsidenten mehr als nur zeremonielle Funktionen
und besitzt Einflussmöglichkeiten auf die moldauische Politik, so bleiben dennoch die parlamentarischen Partei- und Interessenkonstellationen entscheidend. Von den im Parlament vertretenen
Parteien stellen einige keine Kandidaten für die Präsidentenwahl auf. Dies könnte beim PDM auffallen, da diese Partei des in die USA geflüchteten Oligarchen
Plahotniuc erheblichen Einfluss ausübt. Da neben Plahotniuc auch Ilan Șor zu den maßgeblich in den Bankraub verwickelten Oligarchen gehört, kann die Kandidatin der Partei Șor, Ivanov, als
Repräsentantin auch der PDM-Unterstützer gelten. Mittlerweile bereitet aber der Patensohn Plahotniucs, Andrian Candu,
eine Pro-Plahotniuc-Fraktion in der Demokratischen Partei vor, die unter der Bezeichnung Pro Moldova auch Ex-Kommunisten und Sozialisten sammelt, um möglicherweise als neue Regierung unter einem alt-neuen
Präsidenten Dodon
die Interessen der beiden von außen operierenden Oligarchen mit einem
vorgeblich westlichen Kurs zu verbinden - oder sogar den Boden für eine Rückkehr Plahotniucs vorzubereiten. Eine Anmeldung Candus zur Präsidentenwahl scheiterte wegen Unregelmäßigkeiten bei der
notwendigen Unterschriftenzahl.
Neben den durch die Pandemie bedingten Schwierigkeiten beherrscht auch die Frage, wie die Moldauer in der Diaspora und aus Transnistrien zur Stimmabgabe gelangen können, die moldauischen Medien. Die größten Siegchancen werden Amtsinhaber Dodon und der früheren Premierministerin Sandu zugeschrieben, womit sich die Konstellation von 2016 unter veränderten Umständen wiederholt.
Schon wieder!?!
Temeswar wählt deutschen Bürgermeister
Die mit Spannung erwarteten Kommunalwahlen in Rumänien haben am 27.9.2020 in überraschenden Einzelfällen einen allgemeinen Trend bestätigt: Das
Foto: https://www.dominicprimar.ro/
neue öko-liberal-bürgerlich-technokratische Parteienbündnis USR-PLUS (Uniunea Salvați România - Partidul Libertății, Unității și Solidarității) kann wenige Jahre nach seiner Gründung in den großen Städten auch Wahlen gewinnen. Mit über 45% der Stimmen in Bukarest löst ihr Kandidat Nicușor Dan, der von der Regierungspartei PNL unterstützt wurde, die Amtsinhaberin Gabriela Firea (PSD; 38%) in der Führung der hauptstädtischen Politik ab. Der frühere Staatspräsident Traian Băsescu kam nur auf 9% der Stimmen. Als frisch gewählter Bürgermeister der Hauptstadt bezeichnete Dan den gestrigen Tag "als Geburtstag des neuen Bukarest".
Auch in den nicht unwichtigen Bürgermeisterwahlen der einzelnen Stadtbezirke konnte USR-PLUS punkten: Im zentralen Sektor 1 gewann die aus Frankreich gebürtige Clotilde Armand gegen den PSD-Kandidaten Daniel Tudorache, im Sektor 2 der USR-Kandidat Radu Mihaiu und im Sektor 6 der PNL-USR-PLUS-Kandidat Ciprian Ciucu ebenso jeweils gegen PSD-Kandidaten. In Sektor 5 holte sich Cristian Popescu Piedone von der PPU-SL (Partidul Puterii Umaniste-Social Liberal) einen deutlichen Sieg, was dadurch auffallend ist, dass Piedone zu 8 Jahren Haft wegen des Brandes im Club Colectiv verurteilt worden war. Er war bisher Primar in Sektor 4. In Sektor 3 gewann wieder Robert Negoița, der von der PSD zu Ex-Premier Victor Pontas Pro România gewechselt ist, zweiter wurde hier der USR-Kandidat. Nur in Sektor 4 gewann der PSD-Kandidat, der bisherige Amtsinhaber Daniel Băluță, deutlich gegen die USR-Kandidatin.
Auch in den anderen Großstädten konnte USR-PLUS als relativer Newcomer eine Reihe von Rathäusern erobern. Am auffallendsten ist der Erfolg von Dominic Fritz in Temeswar (Timișoara), wo der Deutsche den zweimaligen Amtsinhaber Nicolae Robu (PNL) mit großem Vorsprung schlug. Fritz, Jahrgang 1983, ist nicht Angehöriger der deutschen Minderheit der Banater Schwaben, sondern im Schwarzwald geboren und kam, wie es auf seiner Homepage heißt, 2003 in seinem Freiwilligenjahr in das Kinderheim der Caritas in den Temeswarer Stadtteil Freidorf. Seither blieb er der Stadt vielfach verbunden. Er war Mitbegründer des Zivilgesellschaftlichen Projekts Diaspora Civic in Berlin, das in der rumänischen Diaspora bei den Antikorruptionsprotesten aktiv wurde. Von 2013-19 arbeitete Fritz im Kabinett des früheren Bundespräsidenten Horst Köhler, zuletzt als Büroleiter. Er gründete in Temeswar mehrere zivilgesellschaftliche Projekte und wurde 2019 von der USR als Kandidat nominiert. Im Wahlkampf setzte er insbesondere auf die europäische Prägung der Stadt und ihr zivilgesellschaftliches Potential. Fritz nutzte die EU-Verordnung, nach der auf Kommunalebene in Rumänien EU-Bürger bei Wahlen kandidieren dürfen.
Weitere Überraschungen gab es in Bacău in der Moldau, Brașov (Kronstadt; Brásso), Alba Iulia, wo z.T. langjährige Amtsinhaber von USR-Kandidaten abglöst wurden. In Cluj (Klausenburg; Koloszvár) trat der frühere Premierminister Emil Boc (PNL) sein 5. Mandat an.
Im östlichen Landesteil der Moldau blieben neben dem sensationellen Erfolg der USR in Bacău viele Rathäuser in PSD-Hand, wenn auch die moldauische Hauptstadt Iași weiterhin von Mihai Chirica (PNL) regiert bleibt. Zweite wurde die USR-Kandidatin. Im Kreis Iași hat zum ersten Mal die PNL die Mehrzahl der BürgermeisterInnen gegenüber der PSD errungen. Die USR kam nur in 3 Orten zum Sieg. Die Donaustadt Galați wurde deutlich von der PSD gewonnen.
Im Kreis Mureș gewann die Partei der ungarischen Minderheit UDMR 40 Orte, darunter die Stadt Târgu Mureș, im Kreis Dâmbovița wurde die Stadt Tîrgoviște mit 65% vom PSD-Kandidaten Cristian Stan wieder gewonnen. Ebenso deutlich auch ging die Stadt Craiova an die PSD. Constanța am Schwarzen Meer hat als neuen Bürgermeister einen NATO-Admiral: Vergil Chiac von der PNL gewann knapp gegen den USR-Kandidaten und entriß der PSD nach 20 Jahren das Rathaus.
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Nicht zu übersehen ist, dass mit dem Zulauf der USR-PLUS auch eine jüngere Generation von PolitikerInnen, die vor einigen Jahren noch kaum an eine politische Karriere gedacht haben, jetzt die Hauptstadt und einige Großstädte regiert. Es setzt sich dabei ein Trend der Europa- und Parlamentswahlen fort, der zeigt, dass die rumänische Wählerschaft die PSD-Herrschaft hinter sich lassen möchte. Ob und wie dieser Trend anhält, könnten die nächsten Wahlen bereits am 6. Dezember zeigen - wenn es um die Parlamentssitze geht.
Rassistisches Attentat in Hanau - ein Rumäne unter den Todesopfern
Mehrere rumänische Medien berichten im Internet, dass zu den 10 Opfern des rechtsextremen Täters in Hanau in der Nacht vom 19. auf den 20. Februar 2020 auch ein Rumäne gehört.
Bevor die Polizei die Identifikation der Opfer abgeschlossen hat, heißt es da, dass der 23-jährige Vili Viorel P. aus einer Gemeinde bei Giurgiu an der Donau von dem Täter erschossen wurde, als er nach seiner Arbeit als Kurierfahrer an einem Kiosk etwas zu Essen holen wollte. P. wurde in seinem Auto erschossen. Nach rumänischen Medienberichten haben die ebenfalls in der BRD lebenden Eltern des Opfers den Tod ihres einzigen Kindes bestätigt.
Das rumänische Außenministerium wollte zunächst die Meldungen noch nicht bestätigen, da erst 6 Opfer von der deutschen Polizei identifiziert seien. Auch der in Berlin anlässlich des 140. Jahrestages der Aufnahme diplomatischer Beziehungen als Gast von Außenminister Heiko Maas anwesende amtierende rumänische Außenminister Bogdan Aurescu äußerte sich nicht hierzu.
Erst um 00.00 Uhr hat laut Nachrichtenportal adevarul.ro das Außenministerium den Tod von Viorel P. bestätigt.
Nach den rumänischen Medien befinden sich unter den Toten von Hanau neben den Deutschen ein Bulgare, ein Bosnier und Viorel P.
Regierung Orban durch Misstrauensvotum gestürzt!
Ein von der PSD und der UDMR (Demokratische Union der Ungarn Rumäniens) angestrengtes Misstrauensvotum gegen die Regierung Ludovic Orban (PNL) hat am 5.2.2020 im Parlament eine Mehrheit erhalten.
Mit 261 : 139 Stimmen war die auch von der Gruppe ProRomânia des Ex-Premiers Victor Ponta unterstützte Abstimmung erfolgreich; für den Erfolg des Votums waren 233 Stimmen notwendig. Staatspräsident Klaus Johannis ließ erkennen, dass er am Abend des 6.2. erneut einen Vertreter der PNL zum Premierminister ernennen werde; er nannte aber zugleich das erfolgreiche Misstrauensvotum einen ersten Schritt zu Neuwahlen.
UPDATE 6.2.2020
Präsident Johannis hat nach Konsultationen mit den Parlamentsfraktionen am Abend als neuen Ministerpräsidenten den bisherigen ernannt. Ludovic Orban soll nach dem Sturz der Regierung durch das Misstrauensvotum von gestern noch einmal die Gelegenheit erhalten, eine neue Mehrheit zusammenzubringen. Johannis ließ erkennen, dass Neuwahlen die korrekte Lösung der Krise seien.
Regierungskrise in Chișinău
Premierministerin Maia Sandu gestürzt
Nach den Parlamentswahlen in der Republik Moldau im Februar 2019 brauchte es einige Zeit, bis eine neue Regierung zustande kam. Keine der Parteien hatte eine stabile Mehrheit, schwierig waren die Verhandlungen zu möglichen Koalitionen. Überraschend bildete der Parteienblock ACUM (aus PAS [Partidul Acțiune și Solidaritate] und DA [Dignitate și Adevăr]), der sich als für die Zivilgesellschaft stehend bezeichnet, zusammen mit den Sozialisten des PSRM eine Regierung mit der jungen Maia Sandu von ACUM als Premierministerin. Wenig erbaut von dieser Koalition waren die Oppositionspartei PLDM (Liberaldemokraten) und insbesondere der PDM (Partidul Democrat), da die Absicht des Kompromisses offensichtlich darin lag, den PDM des geflüchteten Oligarchen Vlad Plahotniuc von der Regierung fernzuhalten.
Viele Beobachter hofften trotz der Regierungsbeteiligung der russlandfreundlichen Sozialisten bereits auf eine neue Wendung nach Westen. Sandu reiste nach Brüssel, Washington, Bukarest und verkündete ihre Absicht, Partnerschaften mit den USA oder der EU einzugehen. Einen deutlichen Dämpfer brachte allerdings die Wahl zum Oberbürgermeister der Hauptstadt Chișinău, bei der in der Stichwahl der sozialistische Kandidat Ion Ceban gegen Andrei Năstase (PPD), den Kandidaten von ACUM und Innenminister, gewann. Diese Wahl war notwendig geworden, nachdem 2018 der gewählte ACUM-Politiker wegen eines Gerichtsurteils das Amt nicht antreten durfte, was zahlreiche Proteste der Zivilgesellschaft hervorgerufen hatte. Interim führte Năstase dennoch das Amt und wurde sogar im September offiziell als Bürgermeister anerkannt. Die Wahl Cebans galt bereits als schlechtes Omen für die Unterstützung der Regierung Sandu durch die Sozialisten. Die Kommunalwahlen brachten landesweit Gewinne für PolitikerInnen der PSMR. Sie gewann die Mehrzahl in 15 Raionen, ACUM in 11, PDM in 6.
Anlass für den Sturz der Regierung am 12. 11. dürfte allerdings die Absicht gewesen zu sein, die Justiz neu zu organisieren und den Generalstaatsanwalt durch die Premierministerin vorschlagen zu lassen. Hiergegen intervenierte insbesondere der russlandfreundliche Staatspräsident Igor Dodon (PSMR). Mittlerweile errang auch ein PSMR-Politiker die Position des Präsidenten des Verfassungsgerichts-hofs.
Innerhalb zweier Tage nach Sturz der Regierung Sandu wurde der frühere Finanzminister und Präsidentenberater Ion Chicu zum Premier ernannt und am 14.11.2019 seine neue "technokratische" Regierung mit den Stimmen von PSMR und PDM vereidigt. In Richtung EU versprach er im Parlament eine "ausgewogene Außenpolitik" im Interesse der Republik Moldau. Kritiker sehen in Chicus Regierung eine Voraussetzung für die Sammlung der Macht in den Händen des pro-russischen Präsidenten Dodon.
Präsident Johannis bestätigt!
Foto: www.kultro.de
In der Stichwahl gegen die frühere Premierministerin und PSD-Vorsitzende Viorica Dăncilă hat der der regierenden PNL nahe stehende amtierende rumänische Präsident Klaus Johannis
offensichtlich nach ersten Exit Poll-Ergebnissen einen deutlichen Sieg errungen. Demnach erreichte er 65% der Stimmen, während Dăncilă nur 35% erhielt. Johannis kann somit für weitere 5
Jahre das höchste Amt Rumäniens ausüben. Die Teilnahme an der Wahl lag bei ca. 50% der Stimmberechtigten.
Präsidentschaftswahl am 10. November 2019
Am kommenden Sonntag, 10. November, finden in Rumänien die Wahlen zum Präsidentenamt statt. 14 KandidatInnen sind vom zentralen Wahlbüro aufgrund von mehreren Kriterien (u.a. das Vorweisen von 200000 Unterstützerunterschriften bei Parteiangehörigen, 100000 bei Unabhängigen) zur Wahl zugelassen worden. Darunter sind der jetzige Amtsinhaber Klaus Johannis für die PNL, die als Premierministerin gerade abgewählte PSD-Vorsitzende Viorica Dăncilă, der Schauspieler Mircea Diaconu für die liberale Allianz ALDE, der Vorsitzende der neuen Partei USR, Dan Barna, der Vorsitzende der Ungarn-Partei UDMR, Kelemen Hunor, der Vorsitzende der im Parlament vertretenen Partei PMP, Theodor Paleologu, die unabhängigen Kandidaten Bogdan Marian-Stanoevici und Alexandru Cumpănașu. In der Diaspora kann bereits ab Freitag, 8. November in einer größeren Zahl von Wahllokalen als bisher gewählt werden. Ebenso besteht im Ausland die Möglichkeit der Briefwahl.
Bisher gehen alle Prognosen von einem Sieg des Amtsinhabers Klaus Johannis aus, während Unsicherheit besteht über die Höhe der Wahlbeteiligung und die Frage, wem Johannis sich in einer evtl. nötigen Stichwahl am 24. November stellen muss.
UPDATE 10.11.2019
Erste Ergebnisse der Wahlbehörde BEC lassen eine Stichwahl zwischen Präsident Klaus Johannis und PSD-Chefin Viorica Dăncilă erwarten: Demnach erreicht Johannis 36% der Stimmen und Dăncilă
25%. Auf dem dritten Platz liegt Dan Barna von der alternativen Partei USR mit 12%. Die Wahlbeteiligung lag bei etwa 47% der Stimmberechtigten.
UPDATE 11.11.2019
Die Wahlbehörde BEC gibt als Ergebnis nach der Auszählung von 95,89% der Stimmen bekannt, dass für Klaus Johannis 36,92%, Viorica Dăncilă 23,45%, Dan Barna
14,19%, Mircea Diaconu 9,17%, Theodor Paleologu 5,69%, Kelemen Hunor 4,13% votiert haben.
Herbst der Entscheidungen
Das politische Rumänien nach den Europawahlen
Nachdem der PSD-Vorsitzende Liviu Dragnea im Mai seine Gefängnisstrafe wegen Wahlfälschung und Korruption
angetreten hat und seine Partei eine heftige Niederlage bei den EU-Wahlen erlitt, haben sich eine Reihe von merk-
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lichen Veränderungen in der politischen Landschaft Rumäniens ergeben. Ihr Höhepunkt ist das Auseinanderbrechen der Regierungskoalition aus PSD und ALDE.
Die Regierungschefin Viorica Dăncilă versuchte zunächst, ihre Partei PSD von den Altlasten Dragneas zu befreien. Die zahlreiche Vorwürfe der Gängelung der Justiz hervorrufenden Gesetzesvorhaben wurden weitgehend eingestellt, die umstrittene Parlamentskommission zu diesen Gesetzesvorhaben unter der Leitung von Florin Iordache (PSD) jetzt aufgelöst. Entgegen diesen Anzeichen einer Anerkennung der Proteste gegen Dragneas Politik stimmte Rumänien allerdings zusammen mit 5 anderen Ländern gegen die Wahl der früheren "Korruptionsjägerin" Laura Kövesi für das Amt des Generalstaatsanwalts der EU. Die möglicherweise größte Unruhe verursachen neben dem deutlichen Zeichen der Europawahlen die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen. In der Koalition und den mit ihr verbundenen Parteien bedurfte es der Klärung, wer für das höchste Staatsamt kandidiere. Dem Koalitionär Călin Popescu Tăriceanu (ALDE) schien eine eigene Kandidatur nicht aussichtslos, während Dăncilă sehr bald alle innerparteilichen Aspiranten düpierte und sich selbst als Kandidatin der PSD küren ließ und damit Tăriceanu keine Hoffnung auf eine Kandidatur des PSD-ALDE-Lagers ließ.
Bis es am 26. August 2019 zum Rückzug der ALDE aus der Regierung und dem Rücktritt ihres Vorsitzenden Tăriceanu vom Amt des Senatspräsidenten kam, machten in den Medien zahl-reiche politische Planspiele und Taktiken die Runde. Eine offensichtliche Rolle spielte der frühere Dragnea-Gefährte Victor Ponta mit seiner PSD-Abspaltung PRO România, die mit 30 Abgeordneten im Parlament vertreten ist. Es gelang Ponta, Tăriceanu zu beeinflussen, einen gemeinsamen Präsidentenkandidaten zu benennen (den früheren Schauspieler und Euro-Abgeordneten Mircea Diaconu). Verhandlungen mit seiner früheren Partei PSD waren für Ponta erfolglos geblieben.
Nach dem Bruch der Koalition warf Tăriceanu dem bisherigen Koalitionspartner vor, keine gründliche personelle Neustrukturierung der Regierung in Angriff zu nehmen. Dăncilă hatte mehrere Minister entlassen, unter ihnen die Bildungsministerin Ecaterina Andronescu, nachdem diese im Zusammenhang mit den Mordfällen in Caracal geäußert hatte, dass sie nicht als Anhalterin in ein Auto zu Fremden steigen würde. Auch der zuständige Innenminister musste gehen. (Präsident Johannis warf der PSD vor, in zweieinhalb Jahren 3 Ministerpräsidenten und mehr als 70! MinisterInnen verbraucht zu haben - mehr als alle Regierungen seit 1919 zusammen!) Tăriceanu unterstellte Dăncilă auch, sie habe mit ihrem härtesten Gegner, Präsident Johannis, Abmachungen getroffen hinsichtlich von Ministervorschlägen, aber nicht mit ihm -Tăriceanu- als Koalitionspartner.
Dăncilă versuchte nach dem Bruch der Koalition und dem Verlust der Mehrheit im Parlament die Minister der ALDE in der Regierung zu halten, was zu Verwerfungen in der neuen Opposi-tionspartei führte, da Außenministerin Ramona Mănescu und das umstrittene Urgestein Teodor Meleșcanu ihre Posten beibehielten und daraufhin von Tăriceanu aus der Partei ausgeschlossen wurden bzw. austraten. Auch die UDMR (Partei der ungarischen Minderheit) kündigte ihre Unterstützung für die Regierung. Als Regierung ohne Mehrheit stützt sich Dăncilă jetzt auf ihre Partei und die ethnischen Minderheiten, die mit jeweils 1 Stimme im Parlament vertreten sind und als Fraktion üblicherweise mit der Regierung stimmen. Ovidiu Ganţ, Vertreter des DFDR (Demokratisches Forum der Deutschen in Rumänien), machte allerdings klar, dass er nicht mit der Regierung stimmen werde, solange die PSD nicht von ihren nationalistischen und xenofoben Angriffen auf Präsident Johannis ablasse.
Die größte Oppositionspartei PNL unter Führung von Ludovic Orban, kündigte ein baldiges Misstrauensvotum im Parlament gegen die Minderheitsregierung von Dăncilă an. Es soll am 1. Oktober stattfinden. [Mittlerweile wurde der Termin auf den 10. Oktober gelegt.] Orban erwartet, dass er danach Premierminister werde, obwohl die Spekulationen über mögliche traseiști (Fraktionswechsler) jetzt ins Kraut schießen. Pontas Partei könnte bei dem Misstrauensantrag eine wichtige Rolle spielen.
Präsident Johannis verweigerte im Konflikt mit der PSD-ALDE-Koalition mehrfach Dăncilăs Ministervorschlägen die Zustimmung und ließ mehrere KandidatInnen für Ministerposten warten oder lehnte sie definitiv ab. Allerdings zieht er sich dadurch den Vorwurf zu, die Politik zu blockieren, was insbesondere im Falle der Verbrechen im Juni und September an Kindern und Minderjährigen die interimistische Verwaltung des Innenministeriums ins Rampenlicht brachte. Auf der anderen Seite machen viele nun der Regierung Vorwürfe, sie hätte mit ihrer Freilassung von mehreren Hundert Gefängnisinsassen aufgrund eines neuen Gesetzes 2018 die Unsicherheit im Lande erhöht.
Für die bevorstehende Präsidentenwahl sind von der Wahlbehörde BEC (Biroul electoral central) 14 KandidatInnen akzeptiert worden. Unter ihnen Johannis, Dăncilă, Dan Barna (USR), Diaconu (ALDE u. Pro România), Kelemen Humor (UDMR). Welche Funktion im politischen Feld die gesellschaftlichen Proteste um das Behördenversagen in den Mordfällen von Caracal oder einem weiteren in Dâmboviţa spielen, ist unklar, aber unübersehbar: Hatte das noch offene Drama von Caracal bereits zu Ministerentlassungen geführt, so nahm ein Verwandter die Ermordung seiner Nichte Alexandra Măceșanu zum Anlass, sich als Kandidat aufstellen zu lassen. Alexandru Cumpănașu erhielt von den Eltern des Mädchens die Vertretungsrechte für alle Pressekontakte und Verlautbarungen. Der Vorsitzende der AIPD (Asociaţia Pentru Implementarea Democraţiei - Verein für die Einführung der Demokratie) kam allerdings bereits ins Gerede wegen seines ungewöhnlich hohen Salärs aus verschiedenen Anstellungen.
Wären jetzt Parlamentswahlen, so lägen nach der Zeitung Adevărul laut Umfragen in der Bevölkerung PNL (28 %) deutlich vor PSD (25%) und USR+ (22%). ProRomânia erreichte demnach um die 8 %, ALDE nur 4%. Es ist allerdings nicht davon auszugehen, dass diese Zahlen sich auch in den Präsidentenwahlen spiegeln werden. Besonderes Augenmerk liegt auf dem Abschneiden von Dan Barna für die junge Partei USR (Uniunea Salvaţi România - Union Rettet Rumänien), die sich mit der Gruppe PLUS des früheren Premierministers und EU-Kommissars Daniel Cioloș verbunden hat. USR entstand aus Bukarester Protestgruppen und alternativen Milieus und schaffte es in kurzer Zeit, im ganzen Land eine Parteistruktur aufzubauen und 2016 mit insgesamt 40 Sitzen in beide Häuser des Parlaments einzuziehen. Bei den Europawahlen erreichten sie mit 21 % den dritten Platz hinter PNL und PSD. Nach dem Absturz der PSD sehen viele Kommentatoren in Barna den eigentlichen Konkurrenten in der Präsidentenwahl. Indessen nutzt Präsident Klaus Johannis die Wirkung seiner internationalen Präsenz, um alle Konkurrenten um das Amt und auch die Kritik an seiner Politik, er erscheine wenig initiativ angesichts der strukturellen Probleme des Landes zu überstrahlen. In der Hauptstadt Bukarest ist sein Slogan auf Transparenten an Häuserwänden zu sehen: Pentru o Românie normală - 'Für ein normales Rumänien'.
UPDATE 10.10.2019:
Die Regierung von Viorică Dăncilă (PSD) wurde durch ein Misstrauensvotum der Opposition gestürzt. Es stimmten Abgeordnete 238 für die Abwahl, 5 mehr als notwendig. Unter diesen Stimmen sollen sich 3 Abgeordnete der PSD befunden haben. Neuer Premierminister soll Ludovic Orban (PNL) werden.
Ratspräsidentschaft - Historie!
Finnland übernimmt
Schon sind sie vorbei – die 6 Monate rumänischer Ratspräsidentschaft der EU. Am 12. Juli wurde im Ateneu in Bukarest der Abschluss mit einem Konzert des Rumänischen Jugendorchesters feierlich begangen, an gleicher Stelle, wo im Januar die Eröffnung stattfand. Diesmal bildeten zumeist DiplomatInnen das Publikum in dem alten Saal, nach den Wahlen zum Europäischen Parlament sind die neuen Spitzen zwar nominiert, aber noch nicht installiert.
Eine Bilanz dieser Ratspräsidentschaft zu ziehen, fällt von außen schwer, was auch mit dem seit dem Vertrag von Lissabon (2010) verminderten Status der Ratspräsidentschaft gegenüber dem Ständigen Präsidenten des Europäischen Rates (bisher Donald Tusk) und der Hohen Repräsentation der Union (bisher Federica Mogherini) zusammenhängt. Zumindest lässt sich sagen, dass die vor Beginn geäußerte Befürchtung, Rumänien sei wegen der Turbulenzen um die Politik der Regierungspartei PSD unter ihrem damaligen Chef Liviu Dragnea nicht in der Lage, dieses Amt auszuführen, nicht zutraf. Unter anderem, weil dieser mittlerweile im Gefängnis sitzt und seine Partei die Europawahlen krachend verlor. s Nachfolgerin, Premierministerin Viorica Dăncilă, ließ früh erkennen, dass sie Wert darauf legte, die Ratspräsidentschaft aus diesen Turbulenzen heraus zu halten und das Bild eines zuverlässigen EU-Mitglieds zu bieten. Keine leichte Aufgabe, da aus der EU selbst scharfe Kritik an der rumänischen PSD-ALDE-Koalitionsregierung hinsichtlich ihrer Rechtspolitik und dem Umgang mit der entlassenen Korruptionsjägerin Laura Kövesi kam.
Solchermaßen gehandicapt setzte die rumänische Regierung unter Dăncilă auf die in jeder Ratspräsidentschaft unumgängliche, aber nach außen eher unauffällige bürokratische Dimension der Aufgabe: Weiterführung begonnener Projekte, Benennung einiger bereits identifizierter allgemeiner Problemkreise, etc. Politisch schien, solange Dragnea noch im Hintergrund zunehmend europafeindlich agierte, kaum noch etwas zu gewinnen zu sein. Auch machte der Wahlkampf für die Europawahlen es schwer, medialen Zuspitzungen zu entgehen.
Das generelle Spektrum der Einschätzungen geben die von der konservativen Zeitschrift 22 publizierten Stimmen zur Ratspräsidentschaft wider: Im Interview mit dem Politologen Armand Goșu spricht der delegierte Europaminister George Ciamba zwar von einer „președinție de succes, care a depășit ideea unei simple supraviețiuiri” (erfolgreichen Präsidentschaft die die Vorstellung eines bloßen Überlebens übertroffen ha), aber vier ExpertInnen teilen eher nur den letzten Teil der Ansicht des Ministers . So schreibt Gabriela Drăgan vom Institutul European din România, dass „aus technischer Hinsicht die Dinge ohne Blockade verliefen, geplante Treffen nach dem Zeitplan organisiert wurden und eine wichtige Zahl der Kapitel geschlossen wurde“, während Oana Popescu (Global Focus) dem technischen Apparat bescheinigt, „pünktlich, prompt, mit gutem Verständnis und Kenntnis der Dossiers und dem wirklichen Wunsch, die Arbeit der Institutionen zu fördern“, gehandelt habe. Paul Ivan vom European Policy Centre hebt besonders die Arbeit der Ständigen Repräsentanz Rumäniens in Brüssel hervor und sieht ähnlich wie der Politikwissenschaftler Șerban Cioculescu von der Universität Bukarest auf technischem Gebiet im allgemeinen gute Resultate. Cioculescu: „Wir haben uns nicht lächerlich gemacht, aber auch nicht geglänzt.“
Weniger ansprechend sieht das Bild auf der politischen Ebene aus. Paul Ivan stellt angesichts der nur alle 14 Jahre wiederkehrenden Gelegenheit, das Land darzustellen, ein eindeutiges Scheitern fest: „Eine Regierung, deren Hauptbeschäftigung das Verhindern der Gefängnishaft ihres Chefs war, die eine anti-westliche Rhetorik gebrauchte und die in Konflikt mit den europäischen Institutionen geriet, kann keine positive Message nach Europa senden, die das Vertrauen in Rumänien vergrößern würde.“
Auch einige der von der rumänischen Regierung genannten besonderen allgemeinen Ziele kamen trotz 90 geschlossener Dossiers einer Lösung nicht unbedingt näher. Die gerne genannte Zuständigkeit für die Europapolitik auf dem Westbalkan konnte die Aufnahmeperspektive von Serbien, Albanien, Montenegro, Mazedonien kaum erhöhen. Auch die besondere Beachtung des Mehrjährigen Finanzrahmens (Multiannual Financial Framework; MFF) führte zu keiner Lösung der Probleme bei der Finanzierung der EU. Vielleicht hat daher trotz ihrer Vagheit die Lenkung der Aufmerksamkeit auf das Schwarze Meer und auf die Energietrassen Rumänien dennoch europapolitisch für die Zukunft spezifische Optionen eröffnet.
Die EU-Wahlen in Rumänien
26,23 PNL (Partidul Naţional Liberal)
23,68 PSD (Partidul Social-Democrat)
20,51 USR+ (Uniunea Salvaţi România mit PLUS)
7,01 PRO RO (Pro România)
6,07 UDMR (Uniunea Democrată Maghiară din România)
5,55 PMP (Partidul Mişcarea Populară)
4,24 ALDE ( Partidul Alianţa Liberalilor şi Democraţilor)
Wahlbeteiligung: 49%
Die Wahlen am 26. Mai 2019 zum Europäischen Parlament haben in Rumänien eine Veränderung der politischen Kräfteverhältnisse erkennen lassen. Die Regierungspartei PSD mit ihrem umstrittenen Parteivorsitzenden Liviu Dragnea verlor ihre Spitzenstellung an die Nationalliberalen unter Ludovic Orban. Großer Gewinner ist zudem die Alternativpartei USR, die aus einer Protestgruppe zu Lokalwahlen in Bukarest 2015 sich mittlerweile landesweit organisiert und im Parlament vertreten ist. Sie stützt sich insbesondere auch auf die zivilgesellschaftlichen Gruppen gegen Korruption, für die Erhaltung des Rechtsstaats und eine proeuropäische Politik. Ihr Vorsitzender ist Dan Barna. Bei den Wahlen war sie verbunden mit der neugegründeten Partei PLUS des früheren Premierministers Dacian Cioloş.
Die Partei von Ex-PSD-Chef Victor Ponta PRO RO erhielt 6,61 Prozent, die PMP von Ex-Präsident Traian Băsescu 5,66 % der Stimmen. Abgeschlagen auch die in Koalition mit der PSD regierende ALDE unter Senatspräsident Călin Popescu-Tăriceanu.
Neben den EU-Wahlen fand zugleich ein von Präsident Klaus Johannis initiiertes Referendum über den Rechtsstaat statt. Dabei stimmten von 2.000.000 WählerInnen über 1.600.000 (80%) für die vorgeschlagenen Formulierungen gegen Korruption und Amnestievorhaben.
Proteste gab es aus der Diaspora gegen die Form der Ausrichtung der Wahlen. An 411 Wahllokalen wählten über 360.000 RumänInen und mussten dabei zum Teil stundenlange Wartezeiten ertragen. Wegen seiner Verantwortlichkeit wurde deshalb Außenminister Teodor Meleşcanu hart kritisiert. Ein Politiker erhob gegen Meleşcanu gerichtliche Anklage wegen seiner Versäumnisse bei der Einrichtung der Wahllokale. In der Diaspora war das vorläufige Ergebnis der EU-Wahlen überraschend: 41,3 % für USR-PLUS; 31,35 % für die PNL, 5,66 für Băsescus PMP, nur 3,3 % für die PSD! Für das Referendum stimmten insgesamt 92 %.
Im Zusammenhang mit dem heute ergangenen Urteil gegen PSD-Chef Dragnea sehen die rumänischen Kommentatoren das Ergebnis als Ende der politischen Karriere Dragneas. Bereits gestern waren aus der PSD Forderungen nach dem Rücktritt Dragneas laut geworden. Wie sich das Wahlergebnis und die Lage in der PSD nach Dragneas Urteil auf die Parlamentspolitik auswirkt, scheint noch offen. Premierministerin Viorica Dăncilă sah keinen Grund zum Rücktritt von ihrem Amt. Bereits gestern erklärte allerdings die UDMR, dass sie die Regierung nicht mehr unterstützen werde. Möglicherweise hat Dăncilă eine Schlüsselposition bei der Nachfolge Dragneas, die sich in diesen Tagen entscheiden wird.
Rumäniens europäisches Doppelgesicht
Ratspräsidentschaft und drohendes Verfahren
Die rumänische Politik brachte in den vergangenen Wochen eine weitere Intensivierung der politischen Spaltung, aber auch Bewegung in der Regierung. Gleichzeitig erfuhr das Verhältnis des Landes, das die EU-Ratspräsidentschaft innehat, zu den EU-Institutionen weitere Spannung.
Mit der Auswechslung von drei MinisterInnen, hat die in einer Koalition regierende PSD für Veränderung gesorgt. Am auffallendsten ist der Rücktritt von Tudorel Toader als Justizminister. Er schien in Konflikt mit Liviu Dragnea geraten zu sein, der eine eindeutigere Haltung gegenüber weiteren Notordonnanzen in der Justizgesetzgebung forderte. Der parteilose Jurist und Rektor der Universität Iaşi (Jassy) hat eine Reihe der politischen Absichten Dragneas umgesetzt und damit seinen Ruf als Juristen nachhaltig beschädigt: So sorgte er als Minister mit fadenscheinigen Gründen für die Ablösung der Korruptionsstaatsanwältin Laura Kövesi, versuchte den Generalstaatsanwalt Augustin Lazăr ebenfalls zu entlassen (dieser zog es vor, in Rente zu gehen - nicht ohne das Ministerium auf Rücknahme der Behauptung der Unfähigkeit zu verklagen), Toader hatte zudem entscheidenden Teil an den umstrittenen neuen Gesetzen, mit denen vor allem auch Dragneas Verurteilung wegen Korruption verhindert werden soll. Am 24. April entschied das Parlament, Toaders Gesetzesänderungen anzunehmen.
Der Verfassungsgerichtshof und der Gerichtshof für Kassation und Justiz (ICCJ) haben im April Entscheidungen gefällt, die bereits zum wiederholten Mal das Urteil vom vergangenen Jahr gegen Dragnea verschieben - diesmal bis zum 20. Mai. Die Opposition fürchtet, dass jetzt mit den neuen Regularien im Justizwesen Dragnea endgültig das Urteil abgewendet hat. Der Verfassungsjurist Ioan Stanomir von der Bukarester Universität glaubt, dass es jetzt eine einmalige Situation der Blockierung des Justizsystems gebe - wegen des Falles von Liviu Dragnea: "Dem Führer der PSD ist es durch seine Position gelungen, das Funktionieren des Rechtsstaats aufzuheben. Diese Reihe von ungerechtfertigten Verschiebungen ist die Folge eines nicht funktionierenden Rechtsstaates. Wenn die Richter des Höchsten Gerichts zu verweigern scheinen, die schwere Aufgabe einer Antwort auf die strafrechtlichen Probleme von Liviu Dragnea zu tragen, dann muss diese Antwort vom Wahlvolk gegeben werden", sagte der Jurist der Zeitung Adevărul.
Staatspräsident Klaus Johannis lässt derweil ein Referendum organisieren, das den Willen der BürgerInnen ausdrücken soll, Korruption zu bekämpfen und das Justizwesen unabhängig und effektiv zu machen. Es soll mit den Europawahlen am 26. Mai abgehalten werden, wogegen sich eine Zeit lang die Regierung unter Premierministerin Viorica Dăncilă wehrte.
Dăncilă ist mittlerweile zu einer zentralen Figur geworden. Nicht nur, dass sie die Politik während der Ratspräsidentschaft der EU leitet. Auch führt sie unangefochten die Strategie Dragneas durch und attackiert den Staatspräsidenten. Dabei hat sie allerdings entschieden, dass sie nicht an der großen Versammlung der PSD mit 500 Sonderbussen in Iaşi teilnimmt, die Dragnea veranstaltet, nachdem er vor einigen Wochen dort lautstark ausgepfiffen worden war. Der Termin liegt auf dem des informellen EU-Gipfels in Hermannstadt/Sibiu und des Europatages. Die Premierministerin wartete noch auf eine offizielle Einladung des Präsidenten, am Gipfel teilzunehmen, wozu es allerdings nicht kam.
Die Verabschiedung der Gesetzesänderungen durch das Parlament mit den Stimmen von PSD/ALDE, UMDR und 7 Minderheitenabgeordneten und gegen die gesamte Opposition haben bei der EU noch einmal für eine Verschärfung des Tons gegenüber Rumänien gesorgt. Die Justizkommissarin Vera Jourova zeigte sich sehr besorgt, was die Einhaltung der Unabhängigkeit der Justiz in Rumänien angehe. Wieder wurde der Vergleich zu Polen und Ungarn bemüht und gedroht, ein Verfahren nach § 7 einzuleiten. Auch der Gipfel bekräftigte noch einmal die Bedeutung des Rechtsstaates in der EU. Die bevorstehenden Europawahlen und das Referendum in Rumänien werden die Brisanz der Beziehungen zwischen Rumänien und der EU weiter sichtbar machen.
Midterm - Die rumänische Ratspräsidentschaft hat Halbzeit
Eine Tagung der Südosteuropa-Gesellschaft zieht Zwischenbilanz
Foto: Südosteuropa-Gesellschaft e.V.
Schon sind 100 Tage der rumänischen Ratspräsidentschaft vergangen - Anlass genug, um nach der Bewertung ihrer politischen Gestaltung in der EU zu fragen. Die Südosteuropa-Gesellschaft in Berlin tat dies am 11. April mit rumänischen Expertinnen und einem Experten unter dem doppelten Titel Between Domestic Power Struggles and European Leadership - Romania's first Presidency of the Council of the European Union.
Im ersten Teil ging es eher offiziös und formal zu: Mihaela Diculescu-Blebea von der Botschaft Rumäniens in Berlin stellte als zentrales Schlagwort der Ratspräsidentschaft Kohäsion vor: politische, ökonomische, soziale, mit dem Ziel, die Entwicklungslücken zwischen Ost und West zu verringern. Diesen Ansatz unterteilt die Ratspräsidentschaft in vier weitere Aktionssäulen: die Arbeitstreffen, den Gipfel in Sibiu/Hermannstadt am 9. Mai, die Europawahlen vom 23.-26. Mai und das MFF-Paket (Multiannual Financial Framework) für nach 2020. Zudem nannte sie als weitere Schwerpunkte der nächsten drei Monate die Zutrittsperspektiven der Länder auf dem Westbalkan.
Dem gegenüber legte Valentina Ivan von der NGO Expert Forum einen Schwerpunkt auf die zivilgesellschaftliche Kritik und verwies auf das Beispiel des Energiemarktes, wo die Regierung durch Notverordnungen gegen rumänische Interessen handele. An den Darlegungen der Politikwissenschaftlerin Maria Popescu kristallisierte sich dann in der Diskussion der zentrale Begriff heraus, unter dem die zunächst von verschiedenen Seiten in Frage gestellte Fähigkeit der rumänischen Regierung zur Ratspräsidentschaft diese zu meistern vermag: "technische Ratspräsidentschaft". Unter Verweis auf die Schulung der hohen BeamtInnen vor Beginn, die technokratische Leitung begonnener Projekte, die Tätigkeit permanenter Arbeitsgruppen, etc. wurde deutlich, dass die politische Kritik an der Regierung aus der EU relativ wenig Einfluss hat auf die "technische" Bewältigung der Ratspräsidentschaft auf der Ebene der Ministerialbürokratie. Dabei fiel nebenbei der Hinweis auf den positiven Effekt, den diese Ausbildung von EU-erfahrenem Personal auf Rumänien rückwirkend haben kann.
Im zweiten Panel wurde es dann sehr viel lebhafter und kontrastreicher. Dafür sorgte eingangs die Politologin Alina Mungiu-Pippidi, die in einem dicht gedrängten freien Vortrag ungewohnte Perspektiven aus ihrer reichen wissenschaftlichen wie demokratiepraktischen Erfahrung entwickelte. Sie stellte insbesondere die realpolitischen Folgen vieler Forderungen nach Bekämpfung der Korruption, Reinigung der politischen Klasse, Rolle der Geheimdienste u.a.m. im Ablauf der politischen Entwicklung seit der Wende in den Vordergrund. Daraus ergibt sich für die an der Berliner Hertie School of Governance lehrende Professorin ein ganz eigenes Bild der Prioritäten. Mungiu-Pippidi legte zunächst dar, dass die Frage, was juristisch Korruption bedeute, in der EU keineswegs einheitlich zu beurteilen sei und daher auch ein Generalstaatsanwalt wenig Sinn mache. Rumäniens Justiz sei in den letzten Jahren schärfer vorgegangen als viele andere Länder. Mehr sei eigentlich nicht zu erreichen, wenn man den bisherigen Gang der Demokratie im Land nicht gefährden wolle. Man müsse sich also fragen, was man eigentlich darüber hinaus noch erreichen wolle. Zudem seien eben die postkommunistischen Strukturen so stark, dass bisher sich nie mehr als ca. 39% der WählerInnen gegen sie ausgesprochen hätten. Dies auch, weil es keine "Entkommunisierung" gegeben habe. Sie verwies zudem auf die offensichtlich große Rolle der Geheimdienste hin, die mit ihrem Material Politik machen - auch für Präsident Johannis und die Justiz. Die Politologin sieht Rumänien in einer Lage, wie sie etwa in Ungarn zwei Jahre vor Orban bestanden habe.
Elena Calistru von der NGO Funky Citizens nannte Rumänien einen der besten Orte, an denen man sein könne. Es habe Optimismus gegeben, der der Forderung nach Gerechtigkeit entsprochen habe. Die politische Klasse sei diesem an Werten orientierten Wunsch allerdings nie gerecht geworden. Calistru hob auch die "furchtbare Wirkung" des massiven brain drains hervor.
Die Journalistin Ana Maria Luca vom Balkan Investigative Reportin Network zeichnete noch einmal das Funktionsgeflecht des Klientilismus und seiner Entstehung im Kommunismus in Rumänien nach. Sie verwies darauf, dass gerade wegen dieser Struktur viele jüngere Leute das Land verlassen hätten.
Der Politikwissenschaftler George Jiglău von der Universität Cluj/Klausenburg nannte als Mittel der Erneuerung die Schaffung wirklicher Parteien. Mittlerweile gäbe es in Rumänien das liberalste Parteiengesetz, was allerdings auch einem gewissen Populismus Vorschub leisten könne. Wenige Parteien hätten wirkliche Veränderungen vor und es stelle sich die Frage, was mit dem Enthusiasmus der WählerInnen geschehe, wenn diese Parteien scheitern. Auch die Proteste hätten an der schlechten Praxis wenig verändert. Rumänien stehe allerdings in der EU nicht schlecht da: Es gebe keinen Brexit, kein Flüchtlingsproblem, keine schlechte Ökonomie und keine antieuropäischen Bewegungen. Die Rhetorik der Kritik sei daher zu überdenken. Wie Mungiu-Pippidi verwies er auf die Gefahr von Radikalisierungen.
In der Diskussion konstatierte Calistru die allmähliche Ermüdung nach zwei Jahren des Protests. Zwar gebe es keine rechtsradikale Partei, aber in den Parteien mache sich Populismus breit. Zwar zeige sich kein wirklicher Herausforderer für Präsident Klaus Johannis in der nächsten Präsidentschaftswahl, aber die Müdigkeit der Zivilgesellschaft habe bereits einmal zu unerfreulichen Ergebnissen geführt.
So zeigte die von Hansjörg Brey und Christian Hagemann moderierte Veranstaltung einen differenzierten und präzisen Blick auf die aktuellen Entwicklungen in Rumänien und die Ratspräsidentschaft und ließ die mittelfristigen Optionen plastisch erkennen. Die Europa-Wahlen, der Brexit und die neue Kommission werden Rumänien mindestens ebenso intensiv beschäftigen wie die rumänischen Wahlen im Herbst und im nächsten Jahr.
Höchster Gerichtshof berät über Dragnea-Urteil
Am 27. Mai - einen Tag nach den Europawahlen - haben gegen 12 Uhr in Bukarest die fünf Richterinnen des Obersten Gerichts- und Kassationshofs (ÎCCJ), die über die Revision des PSD-Vorsitzenden Liviu Dragnea befinden, mit ihren Beratungen begonnen. Wie die Zeitung Adevărul berichtet, geht es um die Verurteilung zu drei Jahren und sechs Monaten Gefängnis im Falle der betrügerischen Anstellung von Personen bei der DGASPC (Direcţia Generală de Asistenţă Socială si Protecţia Copilului; Kinderwohlfahrtspflege) in Dragneas Herkunftsregion Kreis Teleorman, die in Wirklichkeit für die PSD arbeiteten. In dieses Strafmaß fließt bereits die frühere endgültige Verurteilung wegen Wahlfälschung mit ein. Da am 1. Juni eine der Richterinnen in Pension geht, sei die Entscheidung nur noch bis dahin möglich. Eine spätere Befindung des Verfassungsgerichtshofs (CCR) über die Zusammensetzung von Gerichten könne keine Auswirkung mehr auf das Urteil haben.
UPDATE 27. Mai 2019:
LIviu Dragnea wurde vom ÎCCJ endgültig zu einer Gefängnisstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Die Entscheidung der Richterinnen fiel mit 4:1 der Stimmen aus. Eine Richterin sprach sich für eine Wiederholung des Prozesses aus. Das Urteil gilt als endgültig.
Entre nous
Eröffnung der rumänischen Ratspräsidentschaft im Europaparlament vor leeren Rängen
Abb. Screenshot www.eu.de
Dass die Hauptarbeit von Parlamenten nicht im Plenarsaal stattfindet, ist allgemein bekannt: Ein leeres Haus heißt, dass die AbgeordnetInnen in Ausschüssen, Wahlkreisen, etc. aktiv sind und nur die SprecherInnen und wenige andere den Saal bevölkern. Dies ist auch im europäischen Parlament in Brüssel und Straßburg so, wenn auch der Riesensaal in Straßburg besonders leer wirkt, wenn er eben leer ist. Für den Nichteingeweihten ist es aber doch erstaunlich, dass auch die Präsentation des Programms der neuen Ratspräsidentschaft Mitte Januar nur vor wenigen Beteiligten statt findet. Dies war auch bei der vorherigen Präsidentschaft von Österreich so. Gibt es ein demonstratives Desinteresse des Parlaments an diesem Ereignis? (Die danach stattfindende Diskussion mit Eurobankchef Draghi findet deutlich mehr Publikum.)
Die rumänische Premierministerin Viorica Dăncilă liest brav ihr Konzept für die nächsten Monate vor, das die bereits von Österreich verfolgte Agenda wie Digitalwirtschaft, Kohäsion, soziale Fragen in den Mittelpunkt stellt. Zudem lässt sie erkennen, dass Rumänien schlecht behandelt werde, da es bestimmten "Konditionalitäten" unterworfen und nicht Mitglied des Schengen-Raums sei. Sie gibt zu bedenken, dass dies negative Folgen für die Ansicht der europäischen BürgerInnen von der Gerechtigkeit der EU und den europäischen Werten haben könne. Ansonsten gibt die Rede nur den Wunsch des Festhaltens an den Zielen der europäischen Politik zu erkennen.
Der estnische Stellvertreter von Kommissionspräsident Juncker, Andrus Ansip, verweist in seiner englischen Antwort zunächst auf die gemeinsame Vergangenheit mit der 100-jährigen Staatsgründung. Er betont die Verantwortung, das Zusammenarbeiten, die Einheit und Solidarität und setzt Dăncilă etwas unter Druck, wenn er ausruft: "We count on you!" Ebenso, wenn er die Einheit im eigenen Land als Basis der Präsidentschaft erklärt und hervorhebt, dass die EU nie ihre Werte kompromittieren werde. Und listet zudem die wichtigsten der über 200 Projekte auf, die in die Präsidentschaft fallen.
Der rumänische Politiker und frühere Präsidentschaftskandidat Teodor Stolojan fragt Dăncilă, ob sie auch wirklich erfahrene Minister in der Regierung habe und fordert sie auf, wegen der Schengen-Frage nach den Niederlanden zu fahren, um das dortige Parlament zu überzeugen, seinen Widerstand aufzugeben.
Erstaunlich ist die Stellungnahme von Udo Bullmann, Sprecher der sozialistischen Gruppe, der Dăncilă lobt für ihr Engagement und eine Basis für eine sehr gute Präsidentschaft sieht. Dann schwenkt er auf die Probleme im Justizsystem, Korruption, Geheimdienste und Gerichtsbarkeit ein: Der Sozialdemokrat glaubt, dass man in diesem Zusammenhang auch den Präsidenten Johannis ansprechen und die Dinge beim Namen nennen müsse. Dăncilă sei eine mutige Frau, ihr Reformwille (!) eine exzellente Voraussetzung für die Präsidentschaft! Polemisch verweist der Sozialdemokrat auf den Wettbewerber aus der Europäischen Volkspartei, die ein Land regierten, wo Universitäten geschlossen werden [Ungarn] und ruft: "Kehren Sie vor Ihrer eigenen Tür!" Diese Worte sind vor allem an Guy Verhofstadt von der liberalen Gruppe ALDE gerichtet.
Verhofstadt geht denn auch sofort zur Sache und sieht über die aktuellen EU-Probleme hinaus Rumänien in einer kritischen Zeit und nicht weit entfernt von der Haltung Polens und Ungarns. Insbesondere Liviu Dragnea und Tăriceanu hätten Versprechen nicht eingehalten, etwa die sogenannten Justizreformen an die Forderungen der Venedig-Kommission anzugleichen. Dies sei der Weg der schlechten Praxis.
Auch die Grüne Ska Keller stellt kritische Fragen nach Zivilrechten und der Gefahr der Legalisierung der Korruption. Rumänien stehe nun im Rampenlicht und müsse durch gutes Beispiel führen. Dafür sei bis zum Gipfel im Mai in Hermannstadt/Sibiu noch Gelegenheit.
In ihrer Antwort auf diese und weitere Fragen hebt Dăncilă vor allem auf Fehl- und Missinformation der Kritiker ab, die durch Kritiker aus Rumänien falsch informiert worden seien. Auf Ska Kellers Frage nach der guten Regierung verweist sie auf die ökonomischen Zahlen, die eine gute Regierung ausmachten - auf die eigentlichen Problembereiche geht sie kaum ein. Bullmann lieferte ihr eine Steilvorlage mit seinem Angriff auf Johannis und die Infragestellung der Justiz. Auch seine Einschätzung der jeweiligen Kritik an Rumänien als Wahlkampfmanöver spielte Dăncilă in die Hände.
Wahlen und Referendum in der Republik Moldau
Foto: www.kultro.de
Am Sonntag, 24.2.2019, wurden in der Republik Moldau die Parlamentswahlen und ein Referendum über die Begrenzung der Abgeordnetenzahl im Parlament abgehalten. Erstmals wurde bei den Wahlen ein gemischtes Wahlverfahren angewendet, wonach neben den nationalen Parteilisten auch aus den Wahlkreisen ein/e KandidatIn direkt gewählt wurde (circumscripţiile uninominale).
Nach vorläufigen Zählungen der Zentralen Wahlkommission (CEC) verteilten sich die 1.453013 Stimmen (49,22% Wahlbeteiligung) wie folgt:
Partei PSRM (Partidul Socialiştilor din Republica Moldova) 31,32 %, [Partei des Präsidenten Igor Dodon]
Wahlblock "ACUM Platforma DA şi PAS" 26,41 %, [Wahlblock zweier Pro-NATO- und -EU-Parteien]
Partei PDM (Partidul Democrat Moldova) 23,86 %, [Partei des Oligarchen Vlad Plahotniuc]
Partei Şor 8,40 %, [ Ilan Şor, Bürgermeister von Orheiu, gilt als in den Diebstahl von 2 Mrd. € aus der Nationalbank involviert]
PCMR (Partidul Comuniştilor din Republica Moldova) 3,76 %,
Partidul Nostru 2,92%,
Partidul Liberal 1,24%,
Partidul Mişcarea Populară Antimafie 0,59%,
die Partei Democraţia Acasa 0,31%,
Partidul Regiunilor din Moldova 0,26%,
Partidul Naţional Liberal 0,24%,
Pаrtidul politic Partidul Verde Ecologist 0,23%.
Es gilt eine 6%-Hürde für Parteien, so dass erstmals seit 20 Jahren die Kommunisten unter dem früheren Präsidenten Vladimir Voronin nicht im Parlament vertreten sind.
In den 51 Wahlkreisen (1 auch für USA und Kanada; 2Wahlkreise waren für WählerInnen aus Transnistrien zugänglich) gewannen vorläufig 18 KandidatInnen der PDM, 16 der PSDMR, 12 der ACUM, 2 Şor, 3 Unabhängige (aus Transnistrien).
Die Verteilung der Mandate im Parlament in Chişinău könnte so aussehen:
PSRM 35
PDM 30
ACUM 26
Partidul Şor 7
Unabhängige 3.
Hinsichtlich des Referendums über die Abgeordnetenzahl wurden noch keine Ergebnisse verkündet.
Laut MOLDPRES teilte die Beobachterkommission der OSZE mit, dass die Wahlen korrekt und ohne größere Zwischenfälle abliefen. Es wurden einige Bustransporte aus "Transnistrien" zu den Wahllokalen beobachtet. Der Wahlblock ACUM will die Wahl in zwei Wahlkreisen wegen dieser Transporte und möglichem Stimmenkauf anfechten.
Am 1. Januar 2019 hat Rumänien erstmals seit dem Beitritt zur Europäischen Union am 1. Januar 2007 die Ratspräsidentschaft der EU übernommen. Damit wird das Land gemäß den Regeln der Rotation entscheidend an der Politik der EU teilhaben, da es die Aufgaben der Union organisieren und durchführen muss. Dabei fließen eigene politische Vorstellungen von der Lösung der gestellten Probleme ebenso mit ein, wie ein enger Austausch mit den Institutionen und Partnerländern der Union zu bewältigen ist. Eine große Anforderung an das politische und diplomatische Geschick der Regierung und der Europa-Bürokratie im Umgang mit den europäischen Partnern und den gemeinsamen Werten!
Wir wollen diese Ratspräsidentschaft durch Presseüberblicke und die Vertiefung einzelner Problembereiche begleiten, um die Fragen nach der Rolle Rumäniens in der EU, den Funktionsmechanismen der Union, der politischen Entwicklung in der aktuellen, schwierigen Phase der Europaidee näher untersuchen zu können.
Feierlichkeiten
Am Anfang gibt es Zeremo-nien. Bis in die dritte Janu-arwoche standen vor allem öffentliche Auftritte zur Übernahme der Ratspräsidentschaft im Fokus der Berichterstattung. Zunächst am 10. Januar die feierliche Übergabe der Ratspräsidentschaft im Bukarester Athenäum mit den Spitzen der EU. Die Übertragung aus dem historischen Saal mit seiner Wandmalerei zur Geschichte Rumäniens lässt eine Mischung aus Show und politischen Höflichkeitsreden erkennen. Mehrere Hundert SpitzenpolitikerInnen - gewesene (Petre Roman, Andrei Năstase, Emil Constantinescu, Daniel Cioloş) und aktuelle (Klaus Werner Johannis, Viorica Dăncilă, Tudorel Toader, Ecaterina Andronescu, Ludovic Orban, , rumänische und 'europäische' (Tusk, Juncker, Antonio Tajani, Öttinger) - drängen sich in dem alten prächtigen Rundsaal. Neben Juncker sitzt der orthodoxe Patriarch Daniel, dahinter katholische Kirchenvertreter, Öttinger neben dem umstrittenen rumänischen Justizminister Toader.
Eine sehr prononciert sprechende Schauspielerin führt durch den Abend und kündigt nach der rumänischen Nationalhymne Staatschef Johannis an, der das Besondere dieses Ereignisses für Rumänien und die gemeinsame Agenda des Landes mit der der Union betont. Gerade angesichts besonderer Herausforderungen wie dem Brexit und den Sicherheitsfragen in unmittelbarer Nachbarschaft der EU wünscht er sich und hofft, dass die rumänische Ratspräsidentschaft eine stärkere und geeinte EU bilden werde mit größerer Kohäsion.
Johannis folgt der Senatspräsident Popescu Tăriceanu, der in Englisch von seinem europäischen Traum spricht, der in Bezug auf Rumänien von "misperspection" getrübt werde. Unterschiedliche Realitäten in Medien und "social media" setzten das Land in schlechtes Licht. Hier taucht bereits das Motiv der Falschinformation im Westen über die jetzige rumänische Politik auf, das auch Florin Iordache, Vizepräsident der Abgeordnetenkammer, anführt mit der Variante, dass ja Kommentare in Wahljahr eher parteiisch seien. Zudem sei Rumänien Mitgliedstaat mit gleichen Rechten, souverän, proeuropäisch und wolle mit Würde seine Aufgabe erfüllen.
EU-Parlamentspräsident Tajani beginnt zur Freude der rumänischen Anwesenden seine Rede auf Rumänisch mit Neujahrswünschen und beendet sie später auch in dieser Sprache, nachdem er vorher ins Französische wechselte. Er sieht Rumänien in der Lage, den großen Herausforderungen für die EU in der Gegenwart zu begegnen und appelliert an die Staaten, die dem entgegenstehen, das Votum des Parlaments für Rumäniens Schengen-Beitritt zu akzeptieren.
Tusk behält während der kompletten Rede das Rumänische bei, erwähnt rumänische Fußballer, die Dichter Nichita Stănescu, Tristan Tzara und die Denker Cioran und Eliade und hat dafür wiederholt Zwischenapplaus. Er transportiert mit dieser auflockernden Anbiederung zugleich klare Forderungen nach der Einhaltung der europäischen Spielregeln. Ein langer Applaus begleitet das Ende seiner Ansprache.
Juncker versucht sich ebenso in einer rumänischen Anrede, um in Französisch dann an die europäischen Verpflichtungen zu erinnern. Er lobt die Kultur Rumäniens, den Beitritt und die Anstrengungen Rumäniens seit 2007. Die EU mache aber keine Kompromisse in seinen Werten, beim Rechtsstaat, der Korruptionsbekämpfung. Rumänien gehöre zu Europa und Europa zu Rumänien, daher gehöre auch Rumänien zum Schengen-Raum.
Was die rumänischen Regierungspolitiker bereits andeuteten, verdeutlicht die Premierministerin Dăncilă, indem sie auf die gleichen Rechte und Ansprüche Rumäniens verweist, seine Würde und Verantwortung. Rumänien erfülle vollständig, "cu cinste şi demnitate", seine Rolle als Mitgliedsstaat und habe daher auch die gleichen Rechte, erwarte daher als gleicher Partner auch den entsprechenden Respekt. Nimmt man Tăriceanus These von der Falschinformation im Westen und Iordaches Hinweis auf die anstehenden Wahlkämpfe als Erklärungsmuster zu Dăncilăs Betonung der Ehre und Würde Rumäniens als gleicher Partner in der EU, so zeichnet sich ab, wie diese Regierung EU-Ratspräsidentschaft und ihre umstrittene Innen- und Justizpolitik unter einen Hut bringen möchte.
Tagsüber hatten erste Sitzungen der einzelnen Ausschüsse in Bukarest stattgefunden sowie eine kurze Pressekonferenz Junckers und Dăncilăs, auf der Juncker betonte, dass Rumänien in den Schengen-Raum gehöre und er auch das Kooperations-und Kontrollverfahren (KKV) beendet sehen wolle.
Der Präsident des Abgeordnetenhauses, Liviu Dragnea (PSD), fehlte bei diesem feierlichen Auftakt völlig - er zog es vor, mit seiner Freundin Urlaub auf den Malediven zu machen.
Auf der Kippe
Zur politischen Lage in Rumänien zwischen Centenar und EU-Ratspräsidentschaft
Proteste 2017 in Bukarest; Wikicommon CC-BY-SA-4.0
Im Sommer gab es in Rumänien zwei Ereignisse, die für hohe Wellen in den Medien sorgten: das Aufbegehren in der Regierungspartei PSD gegen den allmächtigen Parteivorsitzenden Liviu Dragnea und die Demonstration der Diaspora gegen die Korruption und die Regierung. Der Aufstand gegen Dragnea endet nach einer mehrstündigen Sitzung des Exekutivrates der Partei kläglich, da Dragnea mit großer Mehrheit bestätigt wurde; bei der Demonstration am 10. August kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Jandarmeria, es wurde Reizgas eingesetzt, 400 Menschen kamen in die Krankenhäuser der Hauptstadt Bukarest.
Seit diesen beiden Ereignissen, die keine unmittelbare Veränderung der politischen Landschaft brachten, wird der Blick wieder auf die zähe Auseinandersetzung des Präsidenten Klaus Werner Johannis mit der Regierungskoalition und dem PSD-Vorsitzenden gelenkt, auf die Gesetzesänderungen in der Justiz, die Ministerumbesetzungen.
In zwei Personalentscheidungen hält Johannis gegen die Regierung: Er weigert sich seit Monaten, eine Nachfolgerin für die im Mai 2018 von ihm nach langen Diskussionen entlassene DNA-Chefin Laura Kövesi zu akzeptieren. Alle Nominierungen durch den Justizminister Tudorel Toader fanden nicht die Zustimmung des Präsidenten. Ebenso weigert sich der Staatspräsident, die Umbesetzung der Ministerien für Transport und Entwicklung zu vollziehen. Mehrfach erklärte Johannis, dass er Lia Olga Vasilescu nicht als Ministerin für Entwicklung und Mircea Drăghici als Transportminister akzeptiere, woraufhin die Regierung nun das Verfassungsgericht anrufen will. Ein "Ping-Pong" auf höchster Ebene, das allerdings nicht unendlich lange fortgesetzt werden kann. Ebenso hat Johannis erkennen lassen, dass er sich gegen die Ablösung des Generalstaatstanwalts Augustin Lazăr wehren werde, den der Justizminister ähnlich wie im Falle der DNA-Chefin mit eher nebensächlichen Vorwürfen aus dem Amt drängen möchte. Weshalb Augustin Lazăr stört, ist offensichtlich: Er hat wiederholt sich gegen die von der Regierung initiierten "Justizreformen" ausgesprochen, die seiner Ansicht nach den Rechtsstaat gefährden.
Es ist Dragnea in den Monaten seit der Demonstration im August gelungen, die Macht innerhalb der Regierungspartei für sich allein zu beanspruchen und einen "Putsch" zu überstehen. Die Art, wie dies geschehen ist, lässt wenig Aussicht auf innerparteiliche Änderungen zu. Zwar gibt es zunehmend Stimmen, die auf das Ende des autoritären Führungsstils hoffen, aber dieses herbeizuführen, sieht im Augenblick wohl kaum jemand eine Gelegenheit. Zu sehr sind alle "Barone", die Parteichefs der Kreise, mit dem reich gewordenen Politiker aus der armen Region Teleorman verbandelt, als dass sie folgenlos für sich selbst diesen attackieren könnten. Auch die Koalitionsparteien halten an ihm fest. Das ALDE-Bündnis unter Călin Popescu Tăriceanu und die ungarische Partei UDMR haben bisher keine Veranlassung gesehen, die Regierung platzen zu lassen. Obwohl sich Popescu Tăriceanu gerne als möglicher Präsidentenkandidat profilieren möchte. Aber auch er redet wie Dragnea von den "Machtmissbräuchen" der Justiz und der Anti-Korruptionsagentur DNA unter Kövesi und leugnet, dass in Rumänien ein besonderes Maß an Korruption anzutreffen sei. Die Opposition mit PNL und USR hat zwar mehrfach Misstrauensanträge gegen die Regierung gestellt, aber nicht die Mehrheit im Parlament gewonnen. Während die PNL unter Ludovic Orban kaum sehr schlagkräftig wirkt, hat die junge alternative Partei USR (Uniunea Salvaţi România; Union Rettet Rumänien), die aus der Anti-Korruptionsbewegung gegen die Regierung hervorging und vielleicht am ehesten mit westeuropäischen Programmparteien verglichen werden kann, noch zu wenige Abgeordnete. Unter ihnen befindet sich der Soziologe und Schriftsteller Dan Lungu.
Bleibt der aus der deutschen Minderheit Siebenbürgens stammende Präsident Johannis. Glaubte er in der Sache der Entlassung der DNA-Chefin ebenso nachgeben zu müssen wie auch bei dem Vorschlag, die Europaabgeordnete Viorica Dăncilă als Premierministerin zu akzeptieren, so schien sein Handlungsspielraum auf Appelle an die Regierung und die Verzögerung von Parlamentsentscheidungen eingeschränkt zu sein. Mittlerweile werden ihm die beiden Personalentscheidungen als Fehler von denen angelastet, die sich einen aktiveren, deutlicher einmischenden Präsidenten wünschen. Andererseits profiliert sich Johannis bei sich annäherndem Wahltermin im November, indem er der Regierung die Ernennung der beiden Minister verweigert und wiederholt auf die mangelhafte Regierungsarbeit hinweist, die überwiegend mit Manövern zur Verhinderung von Korruptionsverfolgung beschäftigt sei. Als sichtbare Figur der Repräsentanz des Staates bei der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft durch Rumänien häuft er zudem internationales Renomée an. So werden möglichen Gegenkandidaten z.Z. wenig Chancen bei der Wahl im November eingeräumt. Dies mag der Grund sein, dass mittlerweile aus dem PSD-Lager nationalistische und xenofobe Angriffe auf Johannis und die deutschen Minderheiten sich häufen. So wurde er aus der PSD als "Nazi" bezeichnet, Der deutsche Botschafter in Bukarest, Cord Meyer-Clodt, sah sich veranlasst, anlässlich der 100-Jahrfeier der "Mediaşer Beschlüsse", durch die die Siebenbürger Sachsen am 8. Januar 1919 ihren Beitritt zu Groß-Rumänien bestätigten, darauf hinzuweisen, dass dies nur vereinzelte Stimmen seien und sie die Wertschätzung der Deutschen in Rumänien nicht schmälern könne.
Eine der Strategien Dragneas ist auf eine Amnestie-Ordonnanz gerichtet, die mit der Regierungsmehrheit genau die Taten amnestieren würde, deretwegen auch Dragnea angeklagt bzw. bereits verurteilt worden ist. Natürlich würde ein solches Vorgehen großen Aufruhr hervorrufen und entsprechend zögerlich wird das Thema seit Wochen in Politikerkreisen der Hauptstadt behandelt und von PSD-Seite immer wieder dementiert. Wie zuletzt auch im Europäischen Parlament von der Premierministerin Viorica Dăncilă, als sie die Übernahme des Ratsvorsitzes durch Rumänien präsentierte. Aber möglicherweise gibt es bereits Gespräche zwischen der Premierministerin und Justizminister Tudorel Toader über die Möglichkeit eines solchen Erlasses, der ohne Diskussion im Parlament von der Regierung verabschiedet werden kann. Aktuell hat der CCR (Curtea Constituţională României; Verfassungsgerichthof) entschieden, dass seit Jahren Unregelmäßigkeiten bei der Bestellung der fünfköpfigen Tribunale des ÎCCJ (Înalta Curte de Casaţie şi Justiţie; Hoher Gerichtshof) zu einer Ungültigkeit von deren Urteilen geführt habe. Statt dass alle fünf Richter durch Los ermittelt wurden, waren es bisher nur vier. Hier wittert nun Justizminister Toader die Chance zu einer amnistierenden Ordonnanz - über 300 Urteile mit diesem "Fehler" seit 2014 sollen aufgehoben werden. Darunter fielen alle in Korruptionsfällen ergangenen und natürlich auch die Verurteilung Dragneas wegen Wahlfälschung. Die USR ruft bereits ihre Anhänger und alle BürgerInnen auf die Straße, um diese klar gegen die Verfassung gerichtete Ordonnanz zu verhindern, damit nicht Dragnea Premierminister werden könne. Dem schloss sich der 102 Jahre alte Philosoph Mihai Şora an, der in den sozialen Netzen zu Demonstrationen und Neuwahlen aufrief.
Welchen Aufwand der verhinderte Premierminister Dragnea für seine Reinwaschung treiben muss, ergibt sich aus seinen anhängigen Verfahren: Eine endgültige Entscheidung in der Strafsache wegen Anstiftung zum Betrug, für die er bereits im Juni vergangenen Jahres verurteilt wurde, hat ein Gericht nun auf den 19. Februar 2019 verschoben.
Jetzt auch mit Deutschland?
Konferenz der "Iniţiativă-Trei-Mări" in Bukarest
Foto: http://three-seas.eu
In der internationalen Politik hat Energieversorgung für die Gegenwart eine entscheidende Rolle gewonnen. Zahlreiche der aktuellen militärischen Konflikte lassen sich auf die Beherrschung von Zugängen zu Energiequellen zurückführen - insbesondere zu dem den Klimawandel verursachenden Erdöl. Dieses zu ersetzen, hat einen gewichtigen Anteil an den internationalen diplomatischen Bemühungen und löst international tief greifende Verwerfungen aus.
Rumänien liegt geopolitisch in einer für diese Energieleitungen nach Europa nicht unwichtigen Lage, was dazu beitrug, dass interessierte Politiker und Manager sich an zwei Tagen (17.-18.9.2018) in Bukarest zu der 3. Konferenz der "Iniţiativă Trei mări" (Drei Meere) einfanden, um u.a. auch über die Ökonomie der Ost-West-Energieströme zu debattieren. Diese Initiative hat sich zum Ziel gesetzt, als offene Plattform innerhalb der EU ökonomische Verbindungen zwischen den Staaten Osteuropas (präziser: zwischen Ostsee, Adria und Schwarzem Meer) zu intensivieren. Teilnehmer sind Polen, die baltischen Staaten, Österreich, Tschechien, Slowenien, Slowakei, Bulgarien, Rumänien, Ungarn, Kroatien. Neben EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, dem deutschen Außenminister Heiko Maas ließ es sich selbst der US-amerikanische Energieminister Rick Perry nicht nehmen, an die Dâmboviţa zu eilen.
Präsident Klaus Johannis sah die Bedeutung des Treffens in der Konzentration auf den Dreiklang von Transport, Digitalisierung und Energie. Bereits zu Beginn wurde die Tagung konfrontiert mit einer Begrüßungsnachricht des US-Präsidenten Donald Trump, der einigen Ländern - darunter Rumänien - zum Ausbau ihrer Pipeline-Infrastruktur gratulierte und auf die Lieferung von amerikanischem Flüssiggas in die strategisch wichtige Region verwies sowie die Beteiligung amerikanischer Firmen (Exxon) am Business Forum der Tagung.
Für die formulierte Absicht der Konferenz, in der Gemengelage zwischen EU, USA, Rumänien, Russland und Schwarzmeeranrainern neue Impulse zum Ausbau der digitalen und Transport-Infrastruktur auch der Energieversorgung zu geben, war der Hinweis Trumps auf das eigene amerikanische Flüssiggas (unterschwellig gemeint: statt von Russland abhängig zu bleiben) ein Stein im Getriebe. Es sollten noch andere hinzu kommen.
Die energiepolitischen Themen finden sich eingerahmt durch die Diskussion um die geplanten
Pipelines Nord Stream 2, TurkStream und mögliche weitere Alternativen. Sie sollen in einigen Jahren Erdgas aus Russland und Azerbaidshan und anderen Ländern (Mittelasien, Iran) nach Westen bringen: Im viel
diskutierten "Nordkorridor" durch die Ostsee, im Süden über die Türkei. Trump hatte bereits vorher seine Abneigung gegen die deutsche Vorliebe für Nord Stream 2 mit dem Hinweis auf die
Widersprüchlichkeit der Abhängigkeit von Russland und gleichzeitigen Sanktionen gegen das Land deutlich gemacht. In Osteuropa findet er dabei Gehör, wie auch Perry in diese Kerbe hieb - und auch
ein Revival der Atomkraft an die Wand zu malen versuchte.
Im Bau befindliche Pipelines sind im "Südkorridor" die TANAP, die Gas aus Azerbaidshan in die Türkei und später über Griechenland in die Trans-Adria-Pipeline TAP in die EU leitet. Turkstream soll Gas aus Russland durch das Schwarze Meer in die Türkei bringen. Für die russische Gesellschaft Gazprom ist dies interessant, da so die Ukraine umgangen wird, während die EU und Deutschland ihre Abhängigkeit von Erdgas aus Russland durch TANAP mindern wollen. Vor dem "3Sea"-Gipfel machte der russische Präsident Putin dem ungarischen Premier Victor Orban Avancen, dass Ungarn auch an TurkStream angeschlossen werden könne. Für das Teilstück Trans-Adria-Pipeline (TAP) hat im Januar die Europäische Investitionsbank ihr bisher größtes Kreditvolumen in Höhe von 1,5 Milliarden € bewilligt. Die TAP soll von Albanien durch die Adria nach Süditalien das Gas der TANAP leiten. Beides sind Überreste des 2013 gescheiterten Nabucco-Projekts der EU mit ähnlicher Ausrichtung.
Rumänien hingegen baut mittlerweile, um eigene Gasvorkommen im Schwarzen Meer auszubeuten, eine Pipeline BRUA von Giurgiu nach Ungarn. Es sollen 350 Millionen Euro durch die staatseigene Transgaz eingesetzt werden. Von Ungarn war eigentlich geplant, dass die Rohre bis Österreich weitergebaut werden sollen. Jetzt hat aber verlautet aus Ungarn von der Betreibergesellschaft, dass das Gas eher nach Kroatien, der Slowakei oder in die Ukraine gelangen solle - aus BRUA wird BRU.
Wenn auch die Hochglanzbroschüren der involvierten Firmen wie selbstverständlich erwähnen, dass die Verlegung der Pipelines allen Standards des Umweltschutzes entsprechen, verweisen Experten auf mögliche Gefahren. Die Vergabe des Kredits zum Bau von TAP wurde kritisiert mit dem Hinweis darauf, dass der Ausstoß von Methan sich dem kritischen Faktor 3 nähere, ab dem ein Umweltvorteil gegenüber der Kohle nicht mehr realisiert werde. Ebenso in Betracht zu ziehen sind mögliche Pipeline-Unfälle, die auf dem Meeresboden und auf Land große Schäden verursachen können.
Auch intern verläuft die Strategie Rumäniens nicht völlig rund: Das Gesetz zur Ausbeutung der Off-Shore-Gasvorkommen im Schwarzen Meer hatte Präsident Johannis an das Parlament zurück verwiesen, während PSD-Chef Liviu Dragnea bekräftigte, dass es noch dieses Jahr in Kraft treten werde. Streitpunkt war die von Johannis bemängelte Intransparenz der Aufteilung der Einkünfte zwischen Staat und beteiligten Firmen (OMV und EXXON). Auf der Konferenz war Dragnea nur mit einem halbstündigen Gespräch mit Perry präsent, die Premierministerin Viorica Dăncilă verpasste einen Termin mit Juncker, holte dies aber am Flughafen noch für 15 Minuten nach. Auch hier also sind die die rumänische Politik durchziehenden Gegensätze bemerkbar. Ein Kommentator der Zeitung România liberă warf Johannis vor, die Konferenz sei von ihm "sabotată cu rafinament" hinsichtlich ihrer transatlantischen Ausrichtung.
Hier werden internationale Interessen an der rumänischen Position wirksam. Nicht nur die Botschaft Donald Trumps, sondern auch die Teilnahme von Außenminister Heiko Maas, Jean-Claude Juncker oder Perry spricht dafür. Denn jenseits der Energiefrage tritt mit "3Seas" ein weiterer regionaler EU-Zusammenschluss auf, der auf "Visegrád" antwortet - die lose Kooperation von Polen, Ungarn, Slowakei und Tschechien, die ihre Anti-EU-Tendenzen immer wieder dementieren muss. "3Seas" ist größer und hat auch ausgesprochene EU-Anhänger als Mitglieder. Die Wirkung dieser Initiative auf die Entwicklung der EU bleibt noch abzuwarten. Dass sie nicht völlig unbeachtet bleibt, zeigt das auf der Konferenz bekannt gewordene Interesse Deutschlands an einem Beitritt zu "3Seas" - ganz auf der Linie einer "neuen Ostpolitik", wie Heiko Maas formulierte.
Was vor wenigen Wochen noch kaum vorstellbar schien, obwohl es sich in der Logik der Entwicklung abzeichnete, wird nun Realität: Nicht ein politisches Leichtgewicht, sondern die Bukarester Bürgermeisterin und Vize-Parteichefin Gabriela Firea hat einen Brief zusammen mit Vizepremierminister Paul Stănescu und Vizepräsident des Senats Adrian Ţuţuianu lanciert, in dem der sofortige Rücktritt des PSD-Vorsitzenden und Präsidenten der Abgeordnetenkammer, Liviu Dragnea, gefordert wird. Begründet wird der Schritt mit der schwachen Leistung Dragneas als Parteichef, der der umstrittenste Politiker Rumäniens (fiind de altfel cel mai contestat lider politic din Romania ultimilor ani) und wegen seiner juristischen Abgreifbarkeit ein Hindernis für die Reformen sei. Weitere Punkte sind die Polarisierung der Gesellschaft, die durch die Vorgänge bei der Demonstration am 10. August, bei der über 400 Protestierer verletzt wurden, nur vertieft werde; ebenso die Situation der PSD, die sich im Konflikt mit fast allen wichtigen Institutionen des Staates befinde (Präsident, Opposition, Geheimdienst, Zivilgesellschaft u.a.) und ihre defizitäre Kommunikationssituation, in der nur Themen wie Korruption, Justizreformen, "Parallelstaat" vorkämen, statt wirtschaftliche Erfolge in den Mittelpunkt zu stellen.
Der Brief fordert die Premierministerin Viorica Dăncilă auf, Interimspräsidentin der Partei bis zu einem außerordentlichen Parteitag im kommenden Jahr zu sein und die Regierungskoalition mit dem Bündnis ALDE fortzuführen. Als Aufgabe wird neben den "Reformen" auch die Vorbereitung auf die Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft im Januar 2019 genannt. Ein Gesetz zur Amnestie und Begnadigung, das zuletzt als Mittel der Wiederherstellung der Politikfähigkeit von verurteilten Politikern wie Dragnea genannt wurde, sollte im Dialog mit den Parteien, den Justizorganisationen der Richter, Staatsanwälte, Verteidiger und der Zivilgesellschaft vorbereitet werden. Ebenso sollten Verfassungsänderungen diskutiert werden.
Bisher hat sich die Premierministerin Dăncilă, die vielfach als Marionette Dragneas beschrieben wurde, noch nicht erklärt. Ob auf einer Sondersitzung des Exekutivrates der Partei am 21.9.2018 die Kritiker eine Mehrheit erringen werden, steht noch nicht fest. Währenddessen gehen Kommentatoren davon aus, dass unabhängig davon Dragnea politisch am Ende sei.
Update 22.9.2018
Nach einer neunstündigen Sitzung des Comitetul Executiv Naţional (CExN) der PSD mit 64 Teilnehmern aus den Landkreisen und der Parteispitze, wurde mitgeteilt, dass Liviu Dragnea nicht abgewählt wurde. Unterschiedlich fiel die Aussage über das Abstimmungsverhalten aus: Dragnea sprach von 56 Stimmen für und 8 gegen ihn; Gabriela Firea, die durch einen offenen Brief die Sitzung veranlasst hatte, gab als Ergebnis 39 Stimmen pro Dragnea und 10 Gegenstimmen an.
Die Republik Moldau im EU-Assozierungsabkommen
Eine Tagung des IEP (Berlin) (16.10.2018)
Foto: www.kultro.de
Es sind optimistische Zahlen, die Adrian Lupuşor von der Expert-Grup (Chişinău) in Grafiken und Tabellen verkündet: Die Republik Moldau habe durch die DCFTA (Vertiefte und umfassende Freihandelszone) viele der Verluste durch die russischen Sanktionen auf ökonomischem Gebiet wieder wett gemacht, auch der befürchtete Einbruch in der Agroökonomie sei ausgeblieben.
Bei der Konferenz im Institut für Europäische Politik (Berlin) thematisierten nur wenige Wochen nach einem Vortrag des moldauischen Außenministers Tudor Ulianovschi im September im IeP Experten aus dem Land an der EU-Grenze zu Rumänien einige der Probleme im Zusammenhang mit dem Assoziationsabkommen (AA), das 2014 zwischen Moldova und der EU abgeschlossen wurde. Lupuşor sagte, es sei die vorsichtige Einführung von Liberalisierungen mit mehreren Vorkehrungen zur Milderung der Risiken für bestimmte Sektoren des moldauischen Marktes gewesen, die nach vier Jahren eine positive Bilanz des DCFTA zuließen. Gerade auf dem Sektor der Agronomie, wo die größten Befürchtungen bestanden, seien die Nahrungsmittelhersteller die größten Nutznießer des DCFTA.
Ein Problem stellt die Geldwäsche in dem Land dar. Sergiu Gaibu und Andres Knobel (Expert-Grup) verwiesen auf die Tatsache, dass Moldau keineswegs das einzige Land mit dieser Fragestellung sei und erinnerten an die gerade aufgedeckte Rolle der Danske Bank im "Waschen" von Geld aus Estland. Für die EU sei allerdings Moldau wichtig, da durch dortige Geldwäschemanöver auch die Maßnahmen in Brüssel konterkariert werden könnten: Geldwäsche sei ein internationales Geschehen. Deshalb gab es im vergangenen Jahr auch eine 100 Mio.€- Finanzspritze der EU, um Moldova die Fortentwicklung der bisherigen Anti-Geldwäsche-Politik zu ermöglichen. Gaibu kritisierte, dass das neue Gesetz vom Dezember 2017 in Chişinău nicht die notwendige Einbeziehung möglicherweise korrupter staatlicher oder juristischer Institutionen vollziehe. Dies sei das Neue an der Entwicklung, dass im Falle von Moldova Richter Teil von Geldwäscheplänen waren, was bisher in den AntiMoneyLaundering-Maßnahmen (AML) wenig berücksichtigt worden sei. So habe der berüchtigte russische "Laundromat" (Waschmaschine), mit dem 20 Mrd. $ in das legale europäische Finanzsystem gebracht wurden, sich auf moldauische Gerichtsurteile gestützt, die von den westlichen Banken nicht hinterfragt wurden. Ebenfalls waren staatliche Institutionen 2014 in den Diebstahl von 1 Mrd. $ aus dem staatlichen moldauischen Bankensystem verwickelt, der bis dato nicht aufgeklärt wurde. (Die Summe macht 12% des moldauischen Bruttoinlandsprodukt aus.) Angesichts dieser Situation plädierten beide Referenten für eine holistische Betrachtung des Problems Geldwäsche mit Einbeziehung aller an den Finanzströmen beteiligten Institutionen und für die bessere nationale und internationale Umsetzung der bestehenden Instrumentarien zur Überwachung von Geldkanälen.
Im dritten Teil der Tagung war die Haltung der ethnischen Minoritäten zur EU das Thema. In einer Übersicht gab Iulian Groza, Direktor des Think-Tanks IPRE (Chişinău), eine generelle Einschätzung zur Situation vor den Wahlen im Februar 2019 und nach der Annullierung der Bürgermeisterwahlen in Chişinău im Frühjahr 2018. Das Bild stimmte weniger optimistisch. So sei eine Verschlechterung des demokratischen Umfelds zu beobachten, der politische Wille zur Annäherung an die EU kaum zu erkennen. Nachdem die EU die Unterstützung wegen der Annullierung der Bürgermeisterwahl ausgesetzt hat, habe der Einfluss abgenommen und auch die Möglichkeit einzugreifen. Auch der Raum der Zivilgesellschaft sei eingeschränkt.
Stanislav Ghileţchi wies dann auf die Polarisierungen innerhalb der moldauischen Gesellschaft hin, die er als großteils von der politischen Elite angefacht sieht. Bedenklich sei, dass dabei zunehmend auch die Minoritäten positioniert werden. Diese sind mehrheitlich pro-russisch, dabei aber - wie etwa die Gagausen - die größten Empfänger von EU-Subventionen! Der EU-Diskurs sei in Moldova mittlerweile selbst Teil der gesellschaftlichen Kluft, die geopolitischen Polarisierungen verursachen hitzige Debatten in der moldauischen Gesellschaft. Ghileţchi empfahl die Verstärkung von den Dialog und die Interaktion auf lokaler Ebene fördernden Maßnahmen (wenn diese auch von den WählerInnen meist nicht gewürdigt würden).
Den geopolitischen Blick vertiefte Sarah Pagung von der DGAP (Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik, Berlin). Sie brachte die Diskussionen über die Rolle der EU, ihre zukünftige Verfassung und Entwicklung zur Sprache. Insbesondere die Frage des Nationalstaates und der Gemeinschaft als Idee wurden in ihrer Übertragbarkeit auf Moldova diskutiert: Die moldauische Gesellschaft erscheint eher als gespalten und wenig an einer einheitlichen Ideologie interessiert. Da ist es wenig günstig, wenn die EU als parteiisch erscheine und nicht als neutraler Makler.
In der angeregten Diskussion skizzierte Groza auf Nachfrage das Association Agreement als in der jetzigen Situation ideales Instrument, da es der Moldau erlaube, ihre politischen und gesellschaftlichen Defizite aufzuarbeiten, ohne sich für eine Seite im geopolitischen Spannungszustand entscheiden zu müssen.
DNA-Chefin Laura Kövesi von Staatspräsident Johannis entlassen
Am 9.7.2018 hat in Bukarest Staatspräsident Klaus Johannis die Leiterin der Anti-Korruptionsstaatsanwaltschaft DNA, Laura Kövesi entlassen. Er folgte damit einer Aufforderung des Verfassungsgerichts (CCR). Dieses wiederum hatte die Weigerung Johannis', einer entsprechenden Anordnung des Justizministers Tudorel Toader Folge zu leisten, für nicht legal erklärt.
Kövesi hatte das Amt über fünf Jahre inne, während der eine Reihe von Ministern und hohen Funktionsträgern wegen Korruption verurteilt wurden. Die Ablösung Kövesis und die Beschneidung der justiziellen Unabhängigkeit im Kampf gegen die Korruption war ein wichtiges Ziel der regierenden Koalition aus PSD und ALDE. Kövesis reguläre Amtszeit hätte 2019 geendet. Vor Journalisten betonte Kövesi, dass sie weiterhin Staatsanwältin bleiben werde und rief ihre DNA-Kollegen auf, wie bisher mit Hartnäckigkeit ihre Aufgabe zu verfolgen.
Zuspitzung.
Zur aktuellen politischen Lage in Rumänien
Foto: www.kultro.de
In den vergangenen Tagen und Wochen hat sich die innenpolitische Situation in Rumänien deutlich verändert. Dies machte auch der Besuch des Präsidenten der Abgeordnetenkammer, Liviu Dragnea (PSD) in der Schweiz am 29.-31 Mai offensichtlich. Schweizer Medien berichteten, dass der Termin unpassend gewählt sei, da am 30. Mai Dragnea das Urteil in einem seiner beiden noch ausstehenden Prozesse erfahren sollte. Kein guter Zeitpunkt für eine Auslandsreise also, worauf auch die Schweizer Filiale der rumänischen Protestbewegung #Rezist aufmerksam machte. Größere Weiterungen hatte diese Koinzidenz zunächst allerdings nicht, da das Gericht mit Hinweis auf die Reise die Urteilsverkündigung verschob, aus anderen Gründen mittlerweile auf den 21. Juni 2018. In den damit gewonnenen Tagen spielt sich allerdings eine Verschiebung der Macht auf der Bukarester Politbühne ab, die entscheidend für die Zukunft des Landes werden könnte. Denn während Dragnea in die Schweiz reiste, entschied der CCR (Curtea Constituţională României, Verfassungsgerichtshof) mit Mehrheit, dass der Präsident Klaus Iohannis nicht ermächtigt sei, die von Justizminister Tudorel Toader geforderte Entlassung der Präsidentin der DNA, Laura Kövesi, länger zu verhindern.
Die DNA entwickelte sich unter Kövesi zu einer konsequenten Verfolgerin der Gesetzesverstöße von Politikern aller Couleur – ob in hohen oder niedrigen Ämtern. So mussten bereits mehrere Minister den Gang in das Gefängnis antreten. Zuletzt hat sich die frühere Ministerin für Tourismus unter Präsident Traian Băsescu, Elena Udrea, nach Costa Rica begeben, bevor ein Gericht in Rumänien sie zu sechs Jahren Haft verurteilt hat. Die DNA unter Kövesi wurde von durch Strafverfolgung bedrohten korrupten Politiker zur Hauptgegnerin erkoren, unter ihnen eben auch Parteichef und Präsident der Abgeord-netenkammer Liviu Dragnea, der bereits verurteilt ist und daher nicht das wichtige Amt des Premier-ministers einnehmen kann und dessen politische Karriere mit einer weiteren Verurteilung beendet wäre.
Die Entscheidung des CCR bedeutet einen schweren Schlag für die Antikorruptionsstrategie des Präsidenten. Der frühere Premierminister Daniel Cioloş sprach von einer "Umwandlung des Ver-fassungsgerichts in einen politischen Akteur". Auch der Politiker Cristian Ghinea von der neu ins Parlament gewählten alternativen Partei USR (Uniunea Salvaţi România; Union Rettet Rumänien) sprach von einer "absurden Entscheidung, durch die de facto die Autorität des Präsidenten aufgelöst werde". Noch weitergehend sah der Chef der größten Oppositionspartei PNL (Partidul Naţional-Liberal), Ludovic Orban, einen in einen Gerichtsentscheid gewandeten Staatsstreich, der die Demokratie in Gefahr bringe.
Dem aus Teleorman stammenden PSD-Politiker Dragnea gelang es mit der auf nur 20% der Stimmen (44% der an der Wahl Teilnehmenden; Wahlbeteiligung: 39,42%) und einer Koalition mit der ALDE beruhenden Parlamentsmehrheit in den letzten Jahren immer wieder, Gesetze auf den Weg zu bringen, die die Institutionen in die von Dragneas Partei gewünschte Richtung lenkten. So geht es ihm vor allem um die Zähmung der Justiz in Korruptionssachen. Bislang scheiterten alle Versuche, Korruptionsdelikte lediglich ab einer bestimmten Summe verfolgen zu lassen, am Veto des Präsidenten Johannis. Ein weiteres Vorhaben zielt auf die Veränderung der Justiz im Gesamten: Die Staatsanwälte sollen dem Justizminister unterstellt werden, statt bisher dem Präsidenten. Bei der politischen Polarisierung und dem bei Politikern in Rumänien wenig ausgeprägten Verantwortungsbewusstsein für die demokratischen Strukturen ein heikles Thema, das zudem offensichtlich den ganz konkreten Zweck verfolgt, die Aktivitäten der Staatsanwälte und Richter gegen korrupte Politiker zu bremsen. Auch der jetzige parteilose Justizminister Tudorel Toader, Professor für Jura und Rektor der Universität in Iaşi (Jassy) trägt diese waghalsige Strategie der PSD-ALDE-Koalition. Die Selbstverwaltung der Richter (CSM; Consiliul Superior al Magistraturii) hat mit großer Mehrheit dieses Ansinnen scharf verurteilt. Ebenso der Generalstaatsanwalt.
Ist die Absicht Dragneas und anderer PolitikerInnen nur allzu offensichtlich, so sucht er sie zudem mit einer Ideologie der "Rettung vor bösen Mächten" zu bemänteln. Seine Parteigänger sprechen von einem "stat paralel", von einer Justizdiktatur der DNA mit Bespitzelung der Gesellschaft wie zu Zeiten der Securitate. Um gegen die europaweit wahrgenommenen massenhaften Proteste der Zivilgesellschaft gegen Dragneas Justizpolitik eigene Bilder zu setzen, hatte die PSD am Samstag, 9. Juni, zu einer großen Demonstration nach Bukarest geladen. Organisiert von den PSD-Parteibüros in den Kreisen brachten Busse und Züge etwa 200000 Menschen auf den Platz vor dem Regierungsgebäude, auf dem sonst die Oppositionellen gegen die Regierung demonstrieren. Nach der Bukarester Oberbürgermeisterin Gabriela Firea, dem Koalitionspartner Călin Popescu Tăriceanu (ALDE) und der Premierministerin Viorica Dăncilă sprach Dragnea selbst und versuchte, das Bild eines Überwachungsstaates zu zeichnen, der jeden verhören und denunzieren wolle: „Ein System, das die staatlichen Institutionen nicht legitim gebraucht, außerhalb und parallel zur Demokratie, zum durch Wahlen ausgedrückten Willen des Volkes. Alle diese Dinge können mit einem Wort umfasst werden: Securitate.“ Erstaunlich für einen Politiker, der bereits wegen Wahlfälschung verurteilt wurde und auf zwei weitere Urteile wartet. Dragnea schließt mit den die Dimensionen seines Denkens entlarvenden Worten zur in weißen T-Shirts einheitlich gekleideten Menge: "Ich habe die weiße Farbe gewählt, weil Weiß die Sauberkeit symbolisiert! Das ist, was wir machen! Wir säubern das Land von dem Dreck, den diese Ratten verbreiten!" Die komplette Verdrehung der Sachlage scheint die Hauptagenda des starken Mannes in der rumänischen Politik darzustellen. Ob ihm diese vor der Menge gelingt, ist fraglich: Zahlreiche der Protestierer (gegen wen oder was? Einige trugen Schilder "Jos labele de pe salarii şi pensii" - Finger weg von den Löhnen und Renten) schienen kaum den Anlass ihres Ausfluges in die Hauptstadt verstanden zu haben, zu dem sie wohl von Arbeitgebern, Familienvätern, Freunden animiert wurden. Bei der Rede Dragneas leerte sich der Platz bereits für die Rückreise. Zeitweise erschien auf dem Regierungsgebäude das Motto der Opposition: #Rezist.
Dennoch: Der größere politische Zusammenhang und die Breite der Angriffe lässt Beobachter vermuten, dass Dragnea ein noch umfassenderes Ziel ins Auge genommen hat – die Umwandlung des rumänischen Präsidialsystems in ein Parlamentssystem. Darauf hin weisen etwa die am Präsidenten vorbei be-schlossene Verlegung der rumänischen Botschaft in Israel von Tel Aviv nach Jerusalem. Oder die immer schärfere Kritik am Agieren des Präsidenten.
Weitergehend überlegen einige PSD-Politiker, ob man Johannis nicht im Falle einer weiteren Ablehnung der Entlassung Kövesis einem Suspendierungsverfahren unterziehen solle, wie es die PSD seinerzeit unter Victor Ponta im Falle Traian Băsescus versuchte. Noch in dieser Woche soll eine weitere Veränderung der Justizgesetze das Parlament im Schnelldurchgang passieren und möglicherweise sogar ein Amtsenthebungsverfahren gegen Johannis eingeleitet werden. Das Urteil gegen Dragnea im Prozess mit seiner Ex-Ehefrau wegen Anstiftung zum Mißbrauch im Amt und Anstiftung zur Fälschung ist ebenfalls diese Woche für den 21. Juni vorgesehen.
UPDATE 19.6.2018
Am späten Montagabend, 18.6. hat die Mehrheit aus PSD, ALDE, UDMR (Uniunea
Democrată Maghiară din România; "Ungarnpartei") der Abgeordnetenkammer des rumänischen Parlaments die Veränderung des Prozessrechts (Codul de procedură penală) beschlossen. Die Oppositionspartei
PNL kündigte an, das Verfassungsgericht CCR gegen das Gesetz anzurufen. Zudem monierte die Opposition, dass das Gesetz erst um 18.45 Uhr aus dem entsprechenden Ausschuss kam und dann nur kurze
Zeit debattiert wurde, bevor die Abstimmung begann. Sie endete mit 175 Stimmen pro, 78 contra und 1 Enthaltung.
Nach dem jetzt beschlossenen Gesetz kann eine endgültige Entscheidung in einer Sache rückgängig gemacht werden, wenn der Fall nicht von den Richtern der ersten Instanz unterschrieben wurde (genau dies trifft bei Dragneas Verurteilung zu zwei Jahren Haft mit Bewährung zu). Weitere Veränderungen des Prozessrechts betreffen u.a. die Möglichkeit zur Anklageerhebung, der staatsanwaltlichen Mitteilungen an die Öffentlichkeit, der Begrenzung der Ermittlungszeit auf 1 Jahr, Strafminderung für Kronzeugen nur innerhalb von 6 Monaten nach der Tat.
UPDATE 21.6.2018
In mehreren Städten Rumäniens kam es am Mittwoch zu spontanen Demonstrationen und Protesten gegen die Verabschiedung des neuen Codul de procedură penală. Auf dem Piaţa Victoriei in Bukarest versammelten sich ca. 4000 Protestierer, in Cluj ebenso viele, in Iaşi, Hermannstadt (Sibiu) ebenfalls mehrere Tausend. In Bukarest kam es zu Auseinandersetzungen mit der Jandarmeria (Gendarmerie). Der deutsche Journalist Paul Arne Wagner wurde von den Gendarmen festgenommen. Er ist Autor einer kritischen Reportage über die Bereicherung des Präsidenten der Abgeordnetenkammer und Vorsitzenden der PSD, Liviu Dragnea im Kreis Teleorman, wo Dragneas Aufstieg begann. Auch im Parlament gab es Proteste während einer Rede der Premierministerin Viorica Dăncilă über die Ratspräsidentschaft Rumäniens im ersten Halbjahr 2019.
17:33
PSD-Chef Liviu Dragnea ist wegen Anstiftung zum Betrug zu 3,5 Jahren Gefängnis ohne Bewährung verurteilt worden. In das Strafmaß geht seine Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe ein, die jetzt als Gefängnisstrafe abzusitzen ist. Zu dem Urteil ist Revision möglich.
UPDATE 26.6.2018
Am Mittwoch, 27.6.2018 stimmt das Parlament in Bukarest über den Misstrauensantrag der Oppositionspartei PNL gegen die Regierung von Viorica Dăncilă ab. Der Präsident der PNL, Ludovic Orban, appellierte an die UDMR (Vertretung der Ungarn) nicht länger die Koalition aus PSD und ALDE zu unterstützen.
Mittlerweile scheint der PSD-Vorsitzende Liviu Dragnea von der Absicht, weitere Veränderungen in der Struktur der Justizgesetze durch Notverordnungen einzuführen, abgekommen zu sein.
UPDATE 27.6.2018
Das Misstrauensvotum gegen die Regierung Dăncilă (PSD) ist gescheitert: Von notwendigen 233 Stimmen erhielt der Antrag nur 166.
Dragnea in Bern - "#Rezist" auch
Die Einladung des Schweizer Nationalrates an die Spitze der rumänische Abgeordnetenkammer scheint eine Normalität auszudrücken - da deren Präsident aber Liviu Dragnea ist, wundern sich viele über diese Aufwertung des Politikers auf internationalem Parkett.
Vor einigen Tagen meldete die rumänische Presse, dass die Leitung des Abgeordnetenhauses - darunter dessen Präsident Liviu Dragnea (PSD), der Vizepräsident und Abgeordnete Petru Gabriel Vlase (PSD), Anca Spiridon, Generaldirektorin der Kanzlei des Abgeordnetenpräsidenten, sowie Paul Mihail Ionescu und Paula Turcu als Berater - am 29. bis 31. Mai den Schweizer Nationalrat in Bern besuchen werden. Ausgesprochen wurde die Einladung von dessen Präsidenten Dominique de Buman.
Was zunächst so geschäftsmäßig aussieht, hat Proteste in der rumänischen Diaspora in der Schweiz hervorgerufen. In einem offenen Brief an den Nationalratspräsidenten du Buman drückt "#Rezist Zürich" seine "tiefste Enttäuschung über Ihre Initiative aus, eine so hoch kontroverse politische Person ins Schweizerische Parlament einzuladen". Dragnea sei "strafrechtlich verurteilt und sitzt gerade seine zweijährige Strafe für Wahlfälschung auf Bewährung ab." Der Empfang des rumänischen Politikers stehe "im Widerspruch zu den internationalen Bemühungen der Schweiz zur Einhaltung europäischer Standards im Bereich Rechtsstaatlichkeit und Unabhängigkeit der Justiz in Rumänien" und der Bekämpfung der Korruption.
Besonders auffällig sei die Tatsache, dass gerade am 29. Mai gegen Dragnea ein weiteres Urteil anstehe:
Dann entscheidet der höchste Kassationsgerichtshof über ein Verfahren wegen Amtsmissbrauch, in dem die Staatsanwälte auf 7 Jahre und ebenso weitere 2 Jahre Haft plädieren. "#Rezist Zürich" findet besonders skandalös, dass an diesem Tag Dragnea offiziell im schweizerischen Parlament empfangen werde und sich nicht dem Urteil in Rumänien stelle.
Mittlerweile hat der Schweizer linke Abgeordnete Sommaruga in einem Interview seine Verwunderung über die Einladung des verurteilten und weiterhin angeklagten rumänischen Politikers ausgedrückt: "Es erscheint mir inopportun, in der Schweiz einen Politiker zu empfangen, der verurteilt und angeklagt ist, besonders wenn dies gerade an dem Tag stattfindet, an dem er ein weiteres Urteil erwartet. Durch diesen Besuch hinterlässt Liviu Dragnea den Eindruck, dass er die Entscheidung des höchsten Gerichts politisch beeinflussen will, indem er zeigt, dass er in einer konsolidierten Demokratie wie der Schweiz willkommen ist. Ich glaube, das Schweizer Parlament wurde von Liviu Dragnea manipuliert."
"#Rezist Zürich" hat für Mittwoch zu einer Demonstration in Bern aufgerufen.
Theologe Paul Philippi in rumänischer Presse angegriffen
Hohe Wellen innerhalb der deutsch-rumänischen Minderheiten schlug am 27.11.2017 ein offensichtlich sehr gezielt manipulierender Artikel der Bukarester Tageszeitung "Cotidianul", in dem der siebenbürgisch-sächsische Theologe und Politiker Paul Philippi als möglicher Securist und früheres Mitglied der Waffen-SS deklariert wurde. Ohne größere Einleitung berichtet der/die AutorIn Cl. Ionescu von der Mitgliedschaft in der Waffen-SS, geht im gleichen Satz dann über zu Philippis theologischem Studium in Zürich und Erlangen und erwähnt seine Stelle als Leiter des Instituts für diakonische Studien in Heidelberg. Als Verdachtsmoment ("surprizele ştiinţifice") werden anschließend die beiden Ehrendoktortitel erwähnt, die Philippi 1974 in Cluj/Klausenburg und Sibiu/Hermannstadt erhalten hat ("cum de a reușit Paul Philippi să fie DHC în epoca lui Ceaușescu?"). Und als angebliche Erklärung wird aus einem Text des Autors William Totok zitiert, in dem dieser aus Akten der Securitate heraus jenen Vorgang aufklärt, der 1989 auf dem Evangelischen Kirchentag die Ausladung von Richard Wagner und Herta Müller aus einer Podiumsdiskussion zur Situation in Rumänien zur Folge hatte. Totoks Zitate aus dem Zusammenhang reißend wird im Cotidianul eine Securitate-Tätigkeit Philippis nahe gelegt ("Ceea ce este foarte grav pentru Paul Philippi și alții este că acțiunea îndreptată împotriva scriitorilor Herta Müller și Richard Wagner este orchestrată de fețe bisericești din Sibiu. Între 'turnătorii' Hertei Müller, laureată a Premiului Nobel, se află însuși Paul Philippi.").
Neben der unseriösen 'Argumentation' des Artikels mit einer offensichtlich tendenziösen und manipulativen Absicht gegen die deutsche Minderheit kann als besonders perfide die Aufmachung angesehen werden: Neben die Tabelle aus einer polnischen Publikation mit einer Liste von Waffen-SS-Mitgliedern ist ohne jeden direkten Bezug zu dem Thema das Foto des rumänischen Staatspräsidenten Klaus Johannis gesetzt. (Im Wahlkampf um die Präsidentenschaft hatte seinerzeit der Kandidat Victor Ponta (PSD) Johannis wegen dessen Herkunft in Nazinähe gerückt.)
Hier wird deutlich, welche Absicht hinter diesem Tiefpunkt des Journalismus steht. In den Tagen, in denen wieder Massenproteste gegen die Regierung Dragnea stattfinden, hat das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien (DFDR) entschieden, sich für eine Initiative der Opposition zu engagieren: „Nach eingehender Debatte ist beschlossen worden, das Vorhaben der USR zu unterstützen, die eine Verfassungsänderung initiieren möchte, sodass endgültig Verurteilte in öffentliche Ämter, ins Parlament oder zum Staatspräsidenten nicht gewählt werden können. Mit großer Besorgnis wurde über die Gesetzesinitiative eines PSD-Abgeordneten betreffend die Gängelung der NGOs diskutiert, die sich auch auf die Tätigkeit des DFDR sowie anderer Vereine der deutschen Minderheit negativ auswirken wird, sollte das Gesetz angenommen werden.“ (http://www.fdgr.ro/de/comunicat/514)